Gefahr durch Cyber-Angriffe nimmt zu
IT-Sicherheit Welche Abwehrmaßnahmen die Regierung plant. Hacker greifen Privatleute an
Berlin Vor einer wachsenden Gefahr durch Cyber-Angriffe in Deutschland warnt Bundesinnenminister Horst Seehofer, CSU. Betroffen seien sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen und staatliche Institutionen. Als Beispiel nennt Seehofer den Angriff auf das Auswärtige Amt Ende letzten Jahres. Hacker griffen eine Lernplattform der Hochschule des Bundes an, um sich von dort Zugang in das Netz des Auswärtigen Amtes zu verschaffen. Doch die Angreifer scheiterten nicht nur – sie wurden von Experten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dabei beobachtet. Bei der Vorstellung des BSI-Lageberichts lobte Seehofer die Arbeit der Behörde nicht nur in diesem Fall. Doch gleichzeitig macht er sich Sorgen, ob die Netze von deutschen Behörden, Energieversorgern oder anderen wichtigen Unternehmen auch in Zukunft solchen Angriffen standhalten. „Die Gefährdungslage ist weiterhin angespannt“, sagte Seehofer. Denn die Bedrohungen im Cyber-Raum hätten „eine hohe Dynamik“.
Nach Auskunft von BSI-Präsident Arne Schönbohm sind der Behörde mittlerweile rund 800 Millionen Schadprogramme bekannt. Pro Tag kämen etwa 390000 neue Varianten hinzu. Für Mobilgeräte gebe es bereits mehr als 27 Millionen Schadprogramme – allein für Android-Betriebssysteme. Auch deutsche Unternehmen schlagen Alarm. So sagte der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg: „Die deutsche Industrie steht unter digitalem Dauerbeschuss – von digitalen Kleinkriminellen über die Organisierte Kriminalität bis zu Hackern im Staatsauftrag.“Qualität und Umfang der Cyber-Angriffe würden stetig zunehmen.
Dass sich die Situation seit dem vorherigen Lagebericht „zugespitzt“hat, bestätigte Schönbohm. „Und es gibt auch keinen Grund zur Annahme, dass sich das zukünftig ändern wird.“Denn mit der zunehmenden Digitalisierung des Alltags wachse auch die Angriffsfläche.
Die Vernetzung von IT-Systemen, Alltagsgegenständen und Industrieanlagen führe dazu, dass sich die Abhängigkeit von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft von funktionierender IT-Infrastruktur „täglich vergrößert“, heißt es im BSI-Lagebericht. Seehofer machte deutlich, dass er künftig auch auf aktive Gegenwehr setzen will, um kriminellen Hackern oder auch Cyber-Agenten im Staatsauftrag das Handwerk zu legen. Darüber würden in der Regierung Gespräche geführt. Der Bundesinnenminister bestätigte zudem die Einschätzung der Bundesregierung, dass hinter manchen Angriffen der russische Militärgeheimdienst GRU steckt. Seehofer will das BSI außerdem massiv ausbauen und zu einem weiteren Pfeiler der deutschen Sicherheitsarchitektur neben dem Bundeskriminalamt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundespolizei machen. Dazu soll die Behörde von derzeit rund 800 zunächst auf 1300 Mitarbeiter anwachsen.
Warum die Cyber-Kriminalität mit aller Macht bekämpft werden muss, schreibt Bernhard Junginger im Leitartikel.