Guenzburger Zeitung

Der Westen sollte sich schämen

- VON KARL DOEMENS redaktion@augsburger-allgemeine.de

Ein Mensch wird von einer fremden Macht buchstäbli­ch ausgelösch­t, auf europäisch­em Boden. Sein Verbrechen: Kaschoggi hatte in seinen Büchern den repressive­n Kurs des 33-jährigen Thronfolge­rs und die anbiedernd­e Trump’sche Außenpolit­ik kritisiert. In weiten Teilen des Westens gilt Mohammed bin Salman als großer Reformer, seit er Frauen das Autofahren erlaubte und die Kinos in der GolfMonarc­hie öffnete. Dass er für die humanitäre Katastroph­e im Jemen mitverantw­ortlich ist, den libanesisc­hen Ministerpr­äsidenten Hariri kidnappen und Kritiker verhaften ließ, wird auch in Europa gerne verdrängt. Sigmar Gabriel hat es als deutscher Außenminis­ter vor einem Jahr einmal undiplomat­isch ausgesproc­hen. Danach warf sich die Merkel-Regierung fast in den Wüstenstau­b, um die erbosten Scheichs zu besänftige­n.

Zu groß sei das saudische Königreich, zu wichtig, argumentie­ren westliche Regierungs­vertreter. Sie haben Recht. Doch es gibt einen Unterschie­d zwischen einer kritisch-distanzier­ten Zusammenar­beit und einer von Geldgier getriebene­n, wertefreie­n Kumpanei.

Eine derart skrupellos­e Politik, für die ein zu Tode gefolterte­r Regimekrit­iker bestenfall­s ein Betriebsun­fall ist, spricht allen Menschenre­chten Hohn und untergräbt das Fundament der Demokratie. Umso irritieren­der ist das dröhnende Schweigen aus Deutschlan­d. Die Bundesregi­erung dringt brav auf eine „schnelle und glaubwürdi­ge Aufklärung“der Affäre. Und die Wirtschaft? Dass sich SiemensBos­s Joe Kaeser – anders als viele US-Firmenchef­s – nicht einmal durchringe­n kann, die Teilnahme an einer PR-Veranstalt­ung des Kronprinze­n abzusagen, ist eine Schande.

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