Was Michael Stich mit Gerhard Jauernig verbindet
Der Ex-Tennisprofi und Günzburgs OB feiern heute ihren 50. Geburtstag. Was sich der Ratshauschef wünscht
Herr Jauernig, wissen Sie, was Klaus Kinski und Michael Stich gemeinsam haben?
Gerhard Jauernig: Keine Ahnung.
Nun, die haben wie Sie am 18. Oktober Geburtstag. Kinski ist 1991 gestorben. Mal angenommen, er würde noch leben: Wenn Sie wählen könnten, mit welchem von Beiden würden sie sich lieber treffen?
Jauernig: Mit Klaus Kinski.
Wirklich?
Jauernig: Ja klar. Der war irgendwie crazy, auch wenn die Kamera gelaufen ist. Aber von seinem Seelenleben weiß man nicht wirklich Bescheid. Deshalb wäre so eine Begegnung durchaus aufschlussreich.
Hätten Sie sich für Michael Stich entschieden, dann hätten Sie heute beide den 50. Geburtstag gemeinsam feiern können. Der frühere Tennisprofi ist wie Sie am 18. Oktober 1968 geboren. Wie verbringen Sie den Tag heute? Jauernig: Ganz normal im Rathaus vormittags wie nachmittags – allerdings mit der Einschränkung, dass es keine Sitzungen, Besprechungen und festgelegten Termine gibt. Abends wollen mich dann meine Frau und meine beiden Kinder zu einem netten Abendessen entführen. Wohin, das weiß ich noch nicht. Ich finde schön, dass sich gerade auch die Kinder, die schon aus dem Haus sind – die Tochter studiert, der Sohn macht eine Ausbildung – Zeit nehmen.
Mit 33 waren Sie damals der jüngste Oberbürgermeister in Bayern, der ins Amt gekommen ist.
Jauernig: Alter ist für mich kein Kriterium – weder nach oben noch nach unten. Man muss auch zwischen dem numerischen Alter und dem biologischen unterscheiden. Ich kenne 80-Jährige, die sprühen nur so vor Lebensfreude, die man bei manchem 28-Jährigen nicht mehr derart antrifft.
Wie unterscheidet sich der 40-jährige Oberbürgermeister vom heute 50 Jahre alt gewordenen?
Jauernig: Ich habe vor zehn Jahren wie heute das Glück, eine der schönsten Aufgaben wahrnehmen zu können, die es in einer Stadt gibt. Diese Aufgabe macht mir Freude wie am ersten Tag. Aber vermutlich nehme ich die Treppen nicht mehr so schwungvoll wie noch vor zehn Jahren.
Ist seitens der Stadt etwas vorbereitet angesichts Ihres runden Geburtstags? Jauernig: Ein Empfang oder so etwas ähnliches – das liegt mir nicht. Die Zeit großer Empfänge ist ohnehin vorbei. Diese Art von Personenkult entspricht auch nicht meinem Selbstverständnis. Außerdem soll sich niemand verpflichtet fühlen. Ich freue mich über Telefonanrufe und wenn jemand vorbeikommen will auf eine Tasse
Kaffee oder ein Gläschen Prosecco.
Vielleicht verwechselt Sie ja wieder jemand. Jauernig: Ich weiß, worauf Sie anspielen. Das ist eine nette Geschichte, die schon länger zurückliegt: Über den Baufortschritt vieler Hoch- und Tiefbaumaßnahmen erkundige ich mich unregelmäßig vor Ort. Das war damals so ein verregneter Herbsttag, an dem ich nicht mit Schlips und Sakko unterwegs war. Zurück im Rathaus, sah ich eine Dame, die völlig fassungslos vor dem Wegweiser gestanden ist und zur Personalabteilung wollte, wie ich auf Nachfrage erfahren habe. Ich bot ihr an, sie dorthin zu bringen. Als wir die Treppen hochgingen, hat sie mich von oben bis unten gemustert und gefragt, was ich hier mache. Das sei schwer zu beantworten, habe ich gesagt. Sie musterte mich wieder und glaubte dann voller Freude, die korrekte Antwort auf ihre Frage gefunden zu haben. „Aha, der Hausmeister“, sagte sie. Die Auflösung erfolgte wenig später, als mich die Mitarbeiterinnen der Personalabteilung begrüßten.
Das Kastell Guntia wurde in den Jahren 77/78 nach Christus von den Römern erbaut. Im Jahr 1065 ist Gunceburch erstmals urkundlich erwähnt. Wenn Sie es sich heraussuchen könnten: In welche Epoche würden Sie gerne mit einer Zeitmaschine und in der Funktion des Oberbürgermeisters fliegen?
Jauernig: Rückblickend wäre ich gerne in den 50er oder 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts tätig gewesen. Es war die Zeit nach dem schlimmsten aller Kriege, die Zeit des Aufbruchs, der Liberalisierung. Die Jugend wurde selbstbewusster. Diese Zeit der Veränderung aktiv mitzugestalten, ist sicherlich spannend gewesen. Damit möchte ich nicht sagen, dass es heute weniger spannend ist – zum Beispiel, wenn man an den gesellschaftlichen Wandel denkt, den technischen Fortschritt und die Möglichkeiten, die Kommunikation heute bietet. Das alles ändert sich in einem schnellen, vielleicht unheimlich schnellen Tempo. Interview: Till Hofmann