Das Verbot von Einweg-Geschirr hat nur Symbolcharakter
Das Europaparlament entscheidet über ein Verbot von Plastikartikeln. Um das Müllproblem wirklich zu lösen, müsste aber mehr getan werden
Sollte sich das Europaparlament dafür aussprechen, Einwegplastik zu verbieten, ist das ein Anfang. Aber nur ein symbolischer. Ja, wir haben ein Plastikproblem. Es ist quasi unmöglich, einen Tag zu verbringen, ohne mit Kunststoff in Berührung zu kommen. Die Matratze, auf der Sie geschlafen haben, besteht höchstwahrscheinlich aus Kunststoff. Zum Frühstück gab es vermutlich irgendein Produkt, das in Plastik verpackt war. Der Käse vielleicht, das Müsli oder das Brot? In die Arbeit geht es auf Autositzen aus Kunststoff, umgeben von Kunststoffarmaturen, Fahrradfahrer tragen einen Plastikhelm. Auch die Tastatur, auf der dieser Text geschrieben wurde, ist aus Plastik.
Die Liste ließe sich unendlich lange fortsetzen und zeigt: Der erdölbasierte Stoff ist allgegenwärtig – längst nicht alles ist EinwegPlastik. Durch die Menge ist auch der Berg an Plastikabfällen riesig. Weltweit sollen 150 Millionen Tonnen Plastikmüll auf dem Meer treiben, wo er nicht verrottet, sondern zu Mikroplastik zerfällt, von Meerestieren aufgenommen wird und über das Essen in den Menschen gelangt. Was also tun?
Erdöl – der Stoff, aus dem Plastik gemacht wird – ist kostbar, weil endlich. Dennoch ist es oft billiger, Dinge neu statt aus recycelten Materialien herzustellen. Das Gleiche gilt für Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen. Diesen gibt es nämlich. Es gibt Firmen, die verwandeln etwa Holzbestandteile in Kunststoff. Viele Kunden entscheiden sich aber doch für die Erdöl-Variante. Sie ist günstiger. Deshalb ist es gut, dass die EU-Länder Kunststoff ins Visier nehmen. Weil das den Weg frei macht für neue Ideen und umweltfreundlichere Ersatzprodukte.
Und schon die Diskussion um ein Verbot rückt das Plastikproblem ins Bewusstsein. Das ändert Dinge, wie sich an den Plastiktüten zeigt. Vor zwei Jahren haben sich viele deutsche Handelsketten verpflichtet, Kunststofftaschen nicht mehr kostenlos abzugeben. Übrigens auch auf Geheiß aus Brüssel. Seitdem ist der Tütenverbrauch deutlich gesunken. Das liegt an der öffentlichen Diskussion und an den zehn Cent, die eine Tüte kostet. Aber auch jedes „Die kostet aber zehn Cent“an der Kasse erinnert daran, dass es Alternativen gibt.
Ähnliches lässt sich bei Kaffeebechern beobachten. Es gab eine Zeit, da war der Coffee-to-go-Becher ein unverzichtbares Accessoire. Man trug ihn zur Schau wie eine Designer-Handtasche und signalisierte: „Ich bin ein Mensch von Welt, stilvoll und wahnsinnig beschäftigt.“Heute wird der Becher eher aufgefasst als: „Ich bin ein egoistischer Umweltsünder. Der Müll, den ich produziere, ist mir egal.“Der Becher verkörpert eher Donald Trump als Carrie Bradshaw, die Stilikone aus der Fernsehserie „Sex and the City“.
Die Debatte um das Einweg-Verbot trägt schon jetzt dazu bei, das Plastik-Image zu ändern. Weg von praktisch, hin zu problematisch. Nur das alleine wird die Vermüllung der Meere nicht beenden. Für die saubere See und einen sinkenden Plastikverbrauch muss mehr getan werden. Das fängt damit an, Mehrweg zu stärken. In vielen europäischen Ländern gibt es nicht mal ein Pfandsystem. In Deutschland hat das Einweg-Pfand eher dazu geführt, dass mehr Einwegflaschen auf dem Markt sind. Außerdem muss es sich lohnen, Dinge aus recyceltem Plastik herzustellen. Und das Sammeln von Plastikmüll muss sich verbessern. Bisher wird überwiegend Verpackungsmüll gesammelt. Sobald Gießkannen oder Kleiderbügel kaputtgehen, landen sie im Restmüll und werden verbrannt.
Ein Verbot der Plastikgegenstände, die am häufigsten an die Küsten gespült werden, ist ein erster Schritt. Aber der Weg ist lang.
Heute besagt der Einwegbecher: Ich bin ein Egoist