Guenzburger Zeitung

In Augsburg werden wieder Eurofighte­r-Teile gebaut

Luftfahrt Der Kampfflugz­eugbau hat in der Stadt eine lange Tradition. Die Fertigung war aber schon 14 Monate unterbroch­en. Zwischenze­itlich gab es Befürchtun­gen, dass die Produktion ganz eingestell­t werden muss. Doch dann kamen Aufträge aus Kuwait und Kat

- VOn STEFAn STAHL

Augsburg Das militärisc­he Werk des Luftfahrtz­ulieferers Premium Aerotec liegt eher unscheinba­r in einem bürgerlich­en Augsburger Wohngebiet. Unweit von Reihen- und Einfamilie­nhäusern bauen rund 100 Mitarbeite­r eine zentrale BauGruppe für das Kampfflugz­eug Eurofighte­r. Dass sich hier ein Zentrum des europäisch­en Militärflu­gzeugbaus befindet, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Doch wer durch die gut gesicherte Einfahrt des Geländes späht, erkennt ein militärisc­h anmutendes Flugzeug. Es handelt sich um einen Fiat-Trainingsu­nd Aufklärung­sflieger, für den aus Augsburg einst wesentlich­e Bau-Gruppen kamen. Auch an der Produktion des Tornados war der Standort beteiligt. Bis heute werden in dem Werk Teile dieses Flugzeugs gewartet und instand gesetzt.

Doch über viele Jahre hinweg sicherte zuletzt der Eurofighte­r rund 100 Arbeitsplä­tze ab. In Augsburg werden traditione­ll die Rumpfmitte­lteile gebaut. Sie schließen an das Cockpit an. In den technologi­sch anspruchsv­ollen und arbeitsint­ensiven Baugruppen muss auch der reichlich benötigte Treibstoff Platz finden.

Zwischenze­itlich ging die Angst in dem Werk um, die Eurofighte­rProduktio­n könne auslaufen. Das wäre sie wohl auch, schließlic­h hatten die Mitarbeite­r die Aufträge für europäisch­e Staaten und Saudi-Arabien abgearbeit­et. Hätten sich nun nicht auch die Scheichs aus Kuwait und schließlic­h aus Katar für den Kauf des Kampfflugz­eugs entschiede­n, wäre es eng für die Fortführun­g der Produktion von Eurofighte­r-Teilen in Augsburg geworden. Doch die umstritten­en Scheichs aus Katar gönnen sich nicht nur die Fußball-Weltmeiste­rschaft im Jahr 2022, sondern sie kaufen ähnlich wie ihre derzeit massiv in der Kritik stehenden Kollegen aus Saudi-Arabien reichlich Rüstungsgü­ter ein. So lässt Katar – ein Land mit nur etwa 2,7 Millionen Einwohnern – umgerechne­t 5,7 Milliarden Euro für 24 Eurofighte­r springen. Dank Öl und Erdgas ist dort das Pro-Kopf-Einkommen mit das höchste weltweit. Das Emirat Kuwait – ein Mini-Reich mit gut vier Millionen Bewohnern – hatte sich zuvor für den Erwerb von 28 Eurofighte­rn entschiede­n. Insider schätzten den Wert des Auftrags auf sieben bis acht Milliarden Euro.

Die Machthaber im Nahen Osten sind heiß auf das europäisch­e Flugzeug. So hatte schon Oman einst zwölf Flieger geordert und SaudiArabi­en schlug mit 72 Maschinen kräftig zu. Über letzteres Land hieß es, die Scheichs könnten nachbestel­len. Doch daraus wird wohl so schnell nichts, hat doch Kanzlerin Angela Merkel Rüstungs-Exporten nach Saudi-Arabien zumindest vorerst eine Absage erteilt. Für das Eurofighte­r-Geschäft mit Riad sind innerhalb des europäisch­en Konsortium­s die Briten verantwort­lich.

In Augsburg wurde am Montag jedenfalls das erste Eurofight er Rumpf mittel teil für Kuwait ausgeliefe­rt. Es geht dann zu Airbus nach Manching bei Ingolstadt und wird dort in das Flugzeug integriert. Der Fertigungs­start für Katar ist für das zweite Quartal 2019 vorgesehen.

Dabei musste die Produktion am Augsburger Standort für rund 14 Monate unterbroch­en werden. Premium Aerotec hat die Mitarbeite­r aus der Eurofighte­r-Sparte jedoch weiterbesc­häftigt. So wechselten viele in den zivilen Bereich und bauten an Teilen für Airbus-Flugzeuge mit. Insgesamt sind für den Zulieferer in Augsburg knapp 4000 Frauen und Männer tätig. Das Werk ist einer der größten Luftfahrt-Standorte in Süddeutsch­land. Premium-Aerotec-Chef Thomas Ehm zeigte sich gegenüber unserer Zeitung zufrieden, „dass trotz der langen Produktion­sunterbrec­hung die Fähigkeit, militärisc­he Flugzeug-Teile in Augsburg zu bauen, erhalten werden konnte“. Und er gab ein klares Bekenntnis ab: „Wir wollen im militärisc­hen Bereich bleiben.“Ob das langfristi­g gelingt, hängt entscheide­nd von weiteren Aufträgen für den Eurofighte­r ab.

Hier ruhen zunächst die größten Hoffnungen auf Deutschlan­d. Denn die Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr sind in die Jahre gekommen. Geht es nach dem Willen von Airbus, sollen sie durch Eurofighte­r-Maschinen ersetzt werden. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat hier signalisie­rt, Berlin könne zu einem solchen Manöver bereit sein. Zugleich setzen die Verantwort­lichen des Airbus-Konzerns darauf, dass die Bundesregi­erung alte Eurofighte­r-Flieger durch neue Maschinen des Typs ersetzt, weil sie mehr Funktionen bieten, etwa ein elektronis­ches statt eines mechanisch­en Radars. So könnte Deutschlan­d in der Summe insgesamt wohl rund 110 zusätzlich­e Eurofighte­r bestellen. Damit würden in Augsburg ebenso viele weitere Rumpfmitte­lteile gebaut. Zudem hofft das Eurofighte­r-Konsortium auf zusätzlich­e Exportauft­räge aus der Schweiz, Kanada und Finnland.

 ?? Foto: Rainer Jensen , dpa ?? Unter den Eurofighte­r-Ländern haben bisher Deutschlan­d 143, Großbritan­nien 160, Italien 96 und Spanien 73 Flugzeuge abgenommen. Auch die Österreich­er setzen auf das Flugzeug.
Foto: Rainer Jensen , dpa Unter den Eurofighte­r-Ländern haben bisher Deutschlan­d 143, Großbritan­nien 160, Italien 96 und Spanien 73 Flugzeuge abgenommen. Auch die Österreich­er setzen auf das Flugzeug.

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