Weshalb Kaeser nicht fährt
Absage: Kein Besuch in Saudi-Arabien
Berlin Nach massivem Druck aus der Öffentlichkeit hat Siemens-Chef Joe Kaeser seine Teilnahme an der Investorenkonferenz in Saudi-Arabien abgesagt. Er habe letztlich die sauberste, wenn auch „nicht die mutigste“Entscheidung getroffen, erklärte Kaeser am Montag. Die Wirtschaftskonferenz beginnt am Dienstag in Riad. Deutsche Wirtschaftsverbände zeigten sich besorgt wegen der Entwicklungen rund um den Fall des getöteten Journalisten Dschamal Kaschoggi.
Manchmal entwickelten sich Situationen so, „dass niemand gewinnen kann und jede Option falsch ist“, schrieb Kaeser in einem langen Beitrag. Die sogenannte KaschoggiKrise sei so eine Situation und es sei nicht immer leicht, „die richtige Balance zwischen Werten, Interessen und dem richtigen Zeitpunkt“zu finden. Option eins wäre gewesen, nicht nach Riad zu fahren und sich hinter dem „Mainstream“zu verstecken, Option zwei, einen Vertreter zu schicken und Option drei, „hinzufahren und darüber zu sprechen“, erklärte Kaeser.
Lange habe er die dritte Möglichkeit erwogen. Letztlich habe er sich aber entschieden, nicht nach Riad zu reisen. „Das ist keine Entscheidung gegen das Königreich“, stellte er klar. Am wichtigsten sei derzeit, dass die „Wahrheit“ans Licht komme und Gerechtigkeit hergestellt werde.
Saudi-Arabien hatte am Samstag erklärt, dass Kaschoggi am 2. Oktober während eines Besuchs im Konsulat seines Landes in Istanbul bei einer „Schlägerei“getötet worden sei. Weltweit trifft diese Darstellung auf erhebliche Skepsis, da das Königreich zuvor mehr als zwei Wochen behauptet hatte, Kaschoggi habe das Konsulat lebend verlassen. Türkische Medien berichten seit Wochen, dass der Journalist im Konsulat gefoltert, getötet und zerstückelt worden sei.
Grüne, FDP und Linke hatten Kaeser im Vorfeld dazu gedrängt, seine Teilnahme abzusagen, und teils auch eine „Ansage“seitens der Regierung gefordert. Zuletzt rückte unter anderem Deutsche-BankChef Christian Sewing von einer Teilnahme ab. Auch eine Reihe westlicher Unternehmen und Minister fährt nicht. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrieund Handelskammertags
Industrie fordert Aufklärung und Rechtssicherheit
(DIHK), Martin Wansleben, sagte, die Wirtschaft betrachte die aktuellen Ereignisse rund um Kaschoggis Tod „mit Sorge“. Daher sei die „klare Haltung der Bundesregierung ein richtiges Zeichen“, erklärte er mit Blick auf Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dass es vorerst keine weiteren Rüstungsexporte an Saudi-Arabien geben werde. Die in Saudi-Arabien tätige deutsche Wirtschaft brauche „Vertrauen und Rechtssicherheit“, erklärte der DIHK. Deshalb müssten die Todesumstände Kaschoggis „vollständig aufgeklärt werden“.