Guenzburger Zeitung

Hohe Haftstrafe für Gift in Babynahrun­g

Gericht Der Täter wollte von Handelsket­ten Millionen erpressen. Nur durch Glück und gute Polizeiarb­eit kam kein Kind zu Schaden. Nun hat das Gericht das Urteil gesprochen

- VON KERSTIN MOMMSEN

Ravensburg Im Prozess um vergiftete Babynahrun­g in Friedrichs­hafen hat das Landgerich­t Ravensburg einen Supermarkt-Erpresser am Montagaben­d zu zwölfeinha­lb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil gegen den 54-Jährigen erging wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter räuberisch­er Erpressung.

Der Angeklagte hatte schon zu Beginn des Prozesses zugegeben, fünf Babygläsch­en mit Gift versetzt zu haben, um 11,75 Millionen Euro von fünf Handelsket­ten zu erpressen. Im Herbst vergangene­n Jahres hat er den vergiftete­n Babybrei in Supermärkt­en in Friedrichs­hafen in die Regale gestellt. Oberstaats­anwalt Peter Vobiller hatte darum in seinem Plädoyer eine Freiheitss­trafe 13 Jahren wegen versuchten Mordes in fünf Fällen und schwerer räuberisch­er Erpressung in sieben Fällen gefordert. „Es war reines Glück, dass keines der Gläschen in Umlauf kam. In jedem war so viel Gift enthalten, dass ein Kleinkind nach dem Verzehr sicher gestorben wäre. Der Erpresser hat mit erhebliche­r kriminelle­r Energie gehandelt“, erläuterte Vobiller.

Er hielt dem Angeklagte­n vor, aus Heimtücke gehandelt zu haben und die Tötung Unschuldig­er billigend in Kauf zu nehmen. Zudem seien seine siebzehn Voreintrag­ungen im Strafregis­ter zu berücksich­tigen.

Verteidige­r Manuel Reiger plädierte für eine Freiheitss­trafe von sieben Jahren. Sein Mandant sei davon überzeugt gewesen, dass die vergiftete­n Gläser nie verzehrt worden wären.

Der Prozesstag begann von Anfang an holprig. Zunächst konnte die Verhandlun­g erst mit gut zweistündi­ger Verspätung beginnen, weil der Angeklagte über Unwohlsein klagte. Erst nachdem eine Ärztin angeordnet hatte, dass alle zwei Stunden eine Pause gemacht werden müsse, startete die Verhandlun­g.

Im Mittelpunk­t stand die Aussage des Sachverstä­ndigen Hermann Assfalg, der dem Angeklagte­n volle Schuldfähi­gkeit attestiert­e. „Zwar leidet der Angeklagte unter einer narzisstis­chen sowie einer dissoziale­n Persönlich­keitsstöru­ng“, so der Gutachter, „doch diese sind nicht so stark ausgeprägt, dass sie seinen Willen nachhaltig beeinträch­tigt hätten“. Eine Borderline-Störung, die der Supermarkt-Erpresser selbst als Erklärung für seine Taten vorgetrage­n hatte, schloss der psychiatri­von sche Gutachter aus. „In diesem Falle liegt keine schwere seelische Abartigkei­t vor“, erläuterte Assfalg.

Eine Unterbring­ung in einer forensisch­en Klinik sei somit nicht erforderli­ch. Zudem habe der Angeklagte seinen Erpressung­sversuch akribisch und bis in die letzten Einzelheit­en geplant, alles Zeichen dafür, dass dies kein impulsiver Ausbruch infolge der Persönlich­keitsstöru­ng sei. Zeichen für eine schwere Alkohol- oder Drogensuch­t, die der Angeklagte ebenfalls immer wieder vorgebrach­t hatte, konnte der Sachverstä­ndige nicht erkennen. Insgesamt dauerte die Befragung des psychiatri­schen Sachverstä­ndigen fast drei Stunden. Weitere Anträge der Verteidigu­ng, die zu einem weiteren Verzug des Prozesses geführt hätten, lehnte Richter Maier alle als unbegründe­t ab.

 ?? Archivfoto: Marijan Murat, dpa ?? Der mutmaßlich­e Supermarkt-Erpresser (Mitte) im Ravensburg­er Landgerich­t. Er soll Babynahrun­g vergiftet haben, um Millionen zu erpressen. Am Montag verurteilt­e ihn das Gericht zu zwölfeinha­lb Jahren Haft.
Archivfoto: Marijan Murat, dpa Der mutmaßlich­e Supermarkt-Erpresser (Mitte) im Ravensburg­er Landgerich­t. Er soll Babynahrun­g vergiftet haben, um Millionen zu erpressen. Am Montag verurteilt­e ihn das Gericht zu zwölfeinha­lb Jahren Haft.

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