Jungfernfahrt auf der Linie 2
Premiere Erstmals fuhr eine Straßenbahn auf den neuen Gleisen
Ulm Passanten zücken ihre Smartphones, Autofahrer bleiben stehen und staunen, denn die erste Straßenbahn ist den Eselsberg hinauf zur Universität gefahren. Diese erste Testfahrt zeigt, dass die Verkehrsbetriebe auf der Zielgeraden sind und der fahrplanmäßige Betrieb am 9. Dezember starten soll.
Menschen in Warnwesten laufen vor und neben der ersten Straßenbahn auf dem Eselsberg her. Im Schritttempo geht es so vom Theater über die Kienlesbergbrücke den Mähringer Weg hinauf zur Universität bis zur Wendeschleife Botanischer Garten und wieder zurück in die Stadt. Rund drei Stunden dauerte die Fahrt auf der viereinhalb Kilometer langen Strecke, bei der jeder Randstein unterwegs kritisch begutachtet wurde, ob er auch richtig positioniert ist. An den Haltestellen werden die Türen geöffnet und mit Meterstäben nachgemessen, ob alle Toleranzen eingehalten sind.
Der Übergang in die Straßenbahn soll nicht zu hoch sein und auch kein zu großer Spalt zwischen Bahnsteig und Fahrzeug sein. Trotzdem dürfen die nach außen schwenkenden Türen nicht auf der Haltestelle aufsetzen. In Ulm hat man die Barrierefreiheit gewissenhaft geplant und offenbar ordentlich gebaut: Überall passt die Straßenbahn durch, nicht wie aktuell in Duisburg. Satire-Sendungen amüsieren sich gerade über einen neuen Straßenbahn-Typ aus Düsseldorf, der auch in Duisburg fahren soll. An den niedrigeren Duisburger Bahnsteigen fehlen allerdings sechs Zentimeter Platz, die man bei der Konstruktion der Straßenbahn nicht beachtet hatte.
Hier und da stehen noch Absperrgitter, die an der freien Fahrt hindern, doch verschwinden diese noch im Zuge der Bauarbeiten. Zwei Fahrzeuge mit Hubarbeitsbühnen sind vor und hinter der Straßenbahn unterwegs, jeder Meter der Fahrleitung wird kritisch begutachtet. Der Fahrdraht darf nicht zu hoch und nicht zu tief für den Stromabnehmer hängen. Außerdem muss diese Stromleitung im Zickzack verlegt sein, damit sich der Fahrdraht nicht in den Stromabnehmer hineinfräst, sondern die Schleiffläche gleichmäßig abnutzt. Zweimal muss gestoppt werden, weil Tragseile der Fahrleitung zu tief hängen, doch diese Unaufmerksamkeiten beim Bau sind binnen Minuten beseitigt.
Fahrer bei der ersten Fahrt ist Ralf Gummersbach, Gesamtprojektleiter für die Linie 2. In seinem Gesicht ist eine Mischung zwischen Anspannung und Freude zu sehen, die er auf der Kienlesbergbrücke auch ausdrückt: „Nach so vielen Jahren der Anstrengung endlich mal darüber fahren.“Die nächsten Wochen werden weitere Bauarbeiten an der Strecke laufen, gleichzeitig wird der Probebetrieb auf der Linie 2 starten, denn die Straßenbahnfahrer müssen auf die neue Strecke geschult werden und beispielsweise ein Gefühl entwickeln, wann sie wo beginnen zu bremsen.