Großübung in Ulm
Das Szenario: Ein Angriff auf eine Schule
Ulm Bewaffnete Täter haben in der Robert-Bosch-Schule am Ulmer Kuhberg selbst gebastelte Sprengsätze gezündet und auch Schusswaffen eingesetzt: Das war die Ausgangssituation einer Übung, die rund 800 Helfer vieler Hilfsorganisationen, Polizisten und Klinikmitarbeiter bewältigt haben. Mehr als 80 Verletzte mussten in Sicherheit gebracht und medizinisch versorgt werden. Alle drei Ulmer Kliniken waren eingebunden wie auch eine Alarmhundertschaft der Polizei.
Gegen 13 Uhr ertönen Detonationen, Rauch steigt vor der RobertBosch-Schule auf. Zahlreiche Notrufe lassen die Einsatzzentrale der Polizei und die Leitstelle des Rettungsdienstes aufhorchen. Den Übenden ist vollkommen unbekannt, was passiert ist – und man rechnet mit allem. Der Notarzt fährt daher nicht wie üblich direkt vor den Haupteingang, sondern bleibt mit den Rettungsdienst-Mitarbeitern geschützt hinter dem MensaGebäude. Polizisten in schusssicheren Westen und Helmen nähern sich mit gezogenen Waffen von hinten aus dem Gebüsch heraus der Schule. Verletzte liegen auf dem Schulhof, schreien, rennen herum. Die Polizisten ziehen sie hinter das Gebäudeeck, durchsuchen die Verletzten kurz, damit sie es nicht mit einem bewaffneten Angreifer zu tun haben, und stillen lebensbedrohliche Blutungen. Immer mehr Polizisten rücken an, eine Drohne steigt auf und sendet Videobilder in das Lagezentrum bei der Polizei.
Die Verletzten werden von den Polizisten aus dem Gefahrenbereich bis zur Mensa getragen. Wege von bis zu 150 Metern verlangen den Polizisten körperlich alles ab. Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter übernehmen dann im Schutz der Mensa die Verletzten, über 50 Rettungs- und Krankenwagen mit 260 Helfern aus der gesamten Umgebung kommen dazu. Nach einer ersten Sichtung wird entschieden, wer wie schwer verletzt ist und in welche Klinik kommt. Uni-Klinik, RKU und Bundeswehrkrankenhaus nehmen an der Übung teil und müssen sehen, wie sie mit so vielen Verletzten zurechtkommen.
Im Lichthof der Chirurgie sammeln sich Chirurgen, Anästhesisten und Pfleger. Am Ende werden alleine hier 150 Fachleute gezählt. Wagenweise wird Verbandmaterial herangefahren. Ultraschallgeräte für Untersuchungen stehen bereit, auf einer Stellwand werden Strichlisten über die Schwere der Verletzungen geführt, der medizinische Leiter erteilt mit dem Megafon Anweisungen an seine Kollegen, wer sich um welchen Verletzten kümmern muss. Ein Rettungswagen nach dem anderen bringt Verletzte. Noch in der Zufahrt werden die Fahrzeuge von Polizisten gestoppt und die Verletzten nochmals durchsucht, damit kein Attentäter etwas Gefährliches in die Klinik einschleusen kann.
Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bundeswehrkrankenhaus, mit militärischer Disziplin geht jeder der 250 Übenden seinen Aufgaben nach. Auch als einer der verletzten Attentäter zur Versorgung gebracht wird, funktioniert alles: Die Polizisten können seinen Angriff abwehren, ihn gefesselt den Ärzten übergeben.
Währenddessen herrscht in den klimatisierten und abhörsicheren Räumen des Führungs- und Lagezentrums der Polizei hektische Betriebsamkeit. Informationen von der Einsatzstelle und von den Kliniken werden zusammengetragen und taktische Befehle nach draußen gegeben. Zwei Polizistinnen kümmern sich um die sozialen Medien, beantworten Anfragen, beruhigen und geben Verhaltenstipps, bearbeiten Presseanfragen.
Nach rund drei Stunden ist das Fazit bei allen Organisatoren positiv. Bald werden noch die Details der Übung analysiert und Verbesserungen daraus abgeleitet.