Hat die Nudel ein Imageproblem?
Schnell, lecker, günstig: Pasta ist beliebt. In den Regalen der Supermärkte finden sich aber immer häufiger Alternativen aus Soja, Algen oder Wurzeln
Berlin Ob Spaghetti bolognese oder aglio e olio, Spiralnudeln mit Pilzsoße oder Gemüselasagne – das PastaUniversum ist (fast) unendlich. Längst ist die Nudel auch aus der deutschen Küche nicht mehr wegzudenken. Doch wer aufmerksam durch den Supermarkt geht, dem fallen immer mehr vermeintlich gesunde Nudel-Varianten auf: Pasta aus Hülsenfrüchten, Algen oder Wurzeln. Hat die gute alte Hartweizennudel etwa ein Problem?
Für viele Deutsche gehört die Nudel auf den Speiseplan: Bei einer Forsa-Umfrage für den Ernährungsreport 2017 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gaben mehr als zwei Drittel der Befragten Nudeln als ihre Leibspeise an. Nur Fleischgerichte waren beliebter. Der Pro-KopfVerbrauch pro Jahr bewege sich in Deutschland um die Acht-KiloMarke herum. Das berichtet der Geschäftsführer des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft, Alexander Jess. Im Jahr 1980 waren es noch vier Kilo.
Häufig stammt die Pasta aus Italien: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes importierten deutsche Unternehmen im vergan- genen Jahr knapp 524000 Tonnen Teigwaren – rund 70 Prozent davon stammten aus Italien. Es bleibt damit das mit Abstand wichtigste Lieferland für Teigwaren.
Der Trend zu immer bewussterer Ernährung ist im Supermarktregal an vielen Stellen erkennbar: Sojadrink statt Milch oder Tofuscheiben als Salami-Ersatz – alles braucht die „perfekte“Alternative. Wer sich auf Ratgeberseiten umschaut, bemerkt das bröckelnde Image der Nudel: „So machen Nudeln weniger dick“, heißt es da. Helfen sollen „gesunde Pasta-Alternativen zur Weizennudel“, „Nudeln ohne Kohlenhydrate“oder „ZucchiniNudeln“zum Selbermachen. Ernährungstrends wie Low Carb, glutenfrei oder vegan schlagen sich im Nudel-Angebot nieder.
Es gibt etwa Pasta-Ersatz aus Kichererbsenmehl, Algen, Konjakwurzeln oder Kastanien zu kaufen, die Hersteller kommen aus den Niederlanden oder Deutschland. Die rheinland-pfälzische Bio-Marke Govinda vertreibt seit rund zwei Jahren ihre Nudel-Alternative „Goodel“, also „Die gute Nudel“. Die Idee: glutenfreie, proteinreiche Pasta. „Auf Glutenunverträglich- keit wird heute mehr geachtet“, sagt Govinda-Qualitätsmanagerin Daniela Mack. Bedarf für die Alternativprodukte hätten aber nicht nur Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit. Die Kunden seien bunt gemischt: Manchen sei Weizen zu hochgezüchtet, sie wollten es etwas natürlicher, so Mack. Andere wollten Kohlenhydrate reduzieren. Die Govinda-Nudel aus roten Linsen gehört nach Unternehmensangaben zu den best verkauften der rund 200 Produkte.
Branchenexperten dagegen denken, dass die klassische Nudel aus Hartweizen auch in Zukunft dominieren wird. „Es kommt ein Trend, und fünf Jahre später gibt es einen Gegentrend“, sagt etwa Guido Jeremias vom Verband der deutschen Getreideverarbeiter und Stärkehersteller. „Die Angebote werden bleiben, aber als Ergänzung“, meint hingegen Thomas Fiege vom Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft BLL. Getreide-Fachmann Alexander Jess sieht das ähnlich: „Das ist nicht die Abkehr von der klassischen Nudel.“Solche Ernährungstrends schlügen sich nicht systematisch in den Zahlen nieder. Die Alternativprodukte bedienten Nischen im einstelligen Prozentbereich. Jess schätzt, dass die klassische Nudel immer noch weit über 90 Prozent Marktanteil in Deutschland hält.
Die großen italienischen PastaProduzenten reagieren mit Hartweizen-Alternativen. Barilla ist bei Vollkorn- und glutenfreier Pasta nach eigenen Angaben Marktführer. Anfang kommenden Jahres soll Pasta aus Kichererbsen und roten Linsen folgen. Auch Buitoni verkauft glutenfreie Pasta aus einem Mix aus Mais, Reis und Quinoa. Kunden müssen für die Alternativ-Nudeln aber tiefer in die Tasche greifen: Sie kosten meist mehr als die Klassiker. Antonia Hofmann, dpa