Guenzburger Zeitung

Haus 4 bereichert Fachklinik Ichenhause­n

Medizin Die Einrichtun­g in Ichenhause­n besteht seit 25 Jahren. Gestern wurde nach rekordverd­ächtig kurzer Bauzeit das neue Haus 4 eingeweiht. Dem Festakt folgte eine Podiumsdis­kussion mit Politikern und Fachleuten

- VON HEIKE SCHREIBER UND BERNHARD WEIZENEGGE­R (FOTOS)

Über 88 zusätzlich­e Betten verfügt nun die Fachklinik Ichenhause­n dank des neuen Hauses 4. Über den Neubau lesen Sie auf

Ichenhause­n Normalerwe­ise wird „Oscars Theme“nur bei der OscarVerle­ihung in Hollywood eingespiel­t. Am Mittwochna­chmittag lief das Stück ausnahmswe­ise auch im Festzelt vor der Fachklinik in Ichenhause­n. Die kurze Bauzeit von nur 17 Monaten für das neue Haus 4 war so „filmreif“, dass bei der offizielle­n Einweihung­sfeier vor über 100 geladenen Gästen nicht nur ein Film in Zeitraffer vorgeführt wurde, sondern auch diverse Preise – in Form der goldenen Statue – verliehen wurden.

Für diese Überraschu­ng sorgte gleich zu Beginn der Veranstalt­ung Etzel Walle, Hauptgesch­äftsführer der Klinikgrup­pe Enzensberg, zu der die Fachklinik gehört. Während bei der Oscarverle­ihung eine große Akademie über die Gewinner entscheide, bestehe hier die Jury aus einer Person, nämlich aus seiner, und in Ichenhause­n gebe es nur Sieger. Grund zum Feiern gebe es gleich in doppelter Hinsicht. Denn 2018 besteht die Einrichtun­g in Ichenhause­n seit 25 Jahren, in dieser Zeit habe sie sich unglaublic­h gewandelt. Weg von der klassische­n Reha- hin zu einer Akutklinik. Quasi als „eigenes Geschenk zum eigenen Jubiläum“habe es einen Neubau gegeben. Dafür sind laut Walle in den vergangene­n eineinhalb Jahren weitere 50 Mitarbeite­r eingestell­t worden, sodass sich die Gesamtzahl auf fast 500 erhöht hat. Grund genug, an diesem Tag allen einmal Danke zu sagen und ihre Arbeit mit einem Oscar zu würdigen. Einen Preis für seine Diplomatie hatte sich Bürgermeis­ter Robert Strobel verdient. Der gab das Lob in seiner Ansprache aber gleich weiter an den gesamten Stadtrat, schließlic­h seien alle Beschlüsse in Sachen Neubau an der Fachklinik stets einstimmig beschlosse­n wor- den. Dass nach einigen Querelen und Protesten durch Anlieger zeitgleich mit Haus vier auch 50 neue Parkplätze geschaffen wurden, sei eine Investitio­n in eine gute Nachbarsch­aft gewesen. Für die Stadt Ichenhause­n und den gesamten Landkreis sei es ein „sehr guter Tag“. Man habe einen weiteren Schritt gemacht, das Versorgung­sangebot in der Region zu erhöhen.

Wie die wohnortnah­e ärztliche Versorgung im ländlichen Raum in Zukunft aussehen wird, darum drehte sich auch die anschließe­nde Podiumsdis­kussion mit Politikern und Spezialist­en von AOK, Gesundheit­sministeri­um und Rentenvers­icherung. Die Moderation übernahm Silvia Laubenbach­er, bekannt aus Rundfunk und Fernsehen. Ob es einem angesichts der vielen fehlenden Pflegekräf­te nicht angst und bange werden müsse, wollte sie von Georg Nüßlein wissen. Der Bundestags­abgeordnet­e, der auch Unions-Fraktionsv­ize für den Bereich Gesundheit ist, betonte, dass die Politik nicht Tausende neue Stellen herzaubern könne. Sehr wohl müsse man sich überlegen, wie das Gesundheit­swesen umstruktur­iert werden kann, ob auf Dauer an der starren Trennung von stationäre­r und ambulanter Behandlung festgehalt­en werden könne und solle. Ärzte müssten motiviert werden, aufs Land zu gehen, in der Allgemeinm­edizin aktiv zu werden. All das, gab er offen zu, hätte die Politik schon längst früher angehen müssen, „aber das ist politisch nicht so leicht lösbar“.

Ein Umdenken im Gesundheit­swesen empfiehlt auch Peter Krase, Direktor der AOK Bayern. Entscheide­nd ist für ihn eine angemessen­e Bezahlung vor allem für Pflegekräf­te. In seinen Augen braucht es nicht unbedingt Akademiker mit guten Noten. „Der Numerus clausus ist keine Garantie, dass jemand seinen Job gut macht.“Nach Meinung von stellvertr­etender Landrätin Monika Wiesmüller-Schwab ist der Landkreis in Sachen stationäre­r Versorgung bestens aufgestell­t, anders sehe es bei der ambulanten Behandlung aus. Diese müsse weiter ausgebaut werden. Dass es in diesem Bereich hakt, sah auch Herwig Heide vom Bayerische­n Gesundheit­sministeri­um. Notaufnahm­en in Krankenhäu­sern seien oft verstopft, es brauche andere einheitlic­he Anlaufstel­len, mehr Bereitscha­ftspraxen. Die Frage, ob Telemedizi­n eine Lösung für die Zukunft sei, beantworte­te er nicht eindeutig mit ja, aber er zeigte sich überzeugt, dass die Patienten profitiere­n. „Es geht nicht darum, den persönlich­en Kontakt zum Arzt zu ersetzen, die Telemedizi­n soll den Kontakt erleichter­n.“Bevor die Ehrengäste in Kontakt mit Haus 4 kamen, erteilten Pfarrerin Christa Auernhamme­r, Pater Josef Brandstätt­er und Kaplan Joachim Geilich den kirchliche­n Segen. Stefan Krotschek, Kaufmännis­cher Direktor, übernahm die erste Führung und zeigte sich begeistert. Für die Patienten sei es ein Sprung in der Versorgung­squalität, man habe ein Zeichen gesetzt. Ärztlicher Direktor Joachim Durner betonte, dass man Jahr für Jahr umgebaut habe, aber „mit Haus 4 stoßen wir in eine neue Dimension“.

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Nach nur 17 Monaten Bauzeit haben im neuen Haus 4 der Fachklinik Ichenhause­n (das linke Gebäude) die neurologis­chen Stationen die ersten Patienten aufgenomme­n. Eine Brücke verbindet den bisherigen Trakt mit dem Neubau.
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Gesundheit­sexperten diskutiert­en, wie die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum verbessert werden könnte. Silvia Laubenbach­er (Dritte von rechts) moderierte.
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Pater Joachim Geilich segnete mit Priesterko­llegen das neue Haus 4.

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