Sturz in Baugrube: Polier muss Schmerzensgeld zahlen
Justiz Unfall an einer Baustelle für die Fernwärme in Weißenhorn hatte für einen Arbeiter aus Günzburg schlimme Folgen
Weißenhorn/Günzburg In fachlicher Hinsicht kann der Direktor des Neu-Ulmer Amtsgerichts nach eigenen Angaben nur Sandkastenerfahrungen einbringen, wenn es ums Thema Bauen geht. Doch aus seiner langjährigen Erfahrung als Richter weiß Thomas Mayer: In der Hektik wird auf vielen Baustellen nicht immer vorschriftsgemäß gearbeitet. Das war wohl auch bei einer Fernwärme-Baustelle in Weißenhorn der Fall, an der es am 12. Juli 2017 zu einem Unfall gekommen war. Ein Mann aus Günzburg hatte sich schwer verletzt. Deswegen musste sich jetzt ein 49-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis vor dem Amtsgericht verantworten.
Fahrlässige Körperverletzung wurde dem Mann zur Last gelegt, der 2017 als Polier für zahlreiche Baustellen in der Fuggerstadt verantwortlich war. Dabei soll er es der Anklage zufolge versäumt haben, eine Baugrube an der Günzburger Straße vorschriftsgemäß abzusichern, die einem anderen Bauarbeiter später zum Verhängnis wurde. Beim Versuch, dort einen Schlauch herauszuziehen, gab der nach starken Regenfällen unterspülte Boden unter dem 59-Jährigen nach. Dieser stürzte in die drei Meter tiefe Grube, brach sich dabei mehrere Rippen und verletzte sich an der Wirbelsäule. Zudem erlitt er eine Platzwunde am Kopf und innere Blutungen.
Zwei Wochen lag der Mann aus Günzburg in der Weißenhorner Stiftungsklinik, anschließend war er fast acht Wochen krankgeschrieben. Damit nicht genug: Wie der 59-Jährige angab, war er zum Zeitpunkt des Unfalls noch in Probezeit bei seinem Arbeitgeber. Der habe ihm später gekündigt, weil er nach dem Unfall übervorsichtig an die Arbeit ging – aus Angst, erneut einen Sturz zu erleben.
Der Angeklagte räumte ein, dass die Grube etwas unsachgemäß verbaut worden sei, weil die Fernwärmeleitungen an der Stelle unter einem Kanal hindurch geführt werden mussten. Als der Unfall passierte, habe der 59-Jährige aber nichts an der Baustelle zu suchen gehabt. Die Grube sei auch noch nicht freigegeben gewesen für weitere Arbeiten, ergänzte der Anwalt des Angeklagten.
Richter Mayer hielt dagegen, dass die Grube generell durch den vorgeschriebenen Sonderverbau hätte abgesichert sein müssen. Aber weitere Arbeitsschritte an den Leitungen durch Nachunternehmer, das stellte er auf mehrfache Nachfragen fest, seien wohl ohne formelle Übergaben erfolgt. Der Geschädigte berichtete, dass ein Arbeitskollege ihn angewiesen habe, den Schlauch in der Grube anzupacken. Denn in dieser hatte sich Regenwasser gesammelt, das der 59-Jährige und seine Kollegen abpumpen sollten.
Nachdem der Bauarbeiter erzählt hatte, dass die Verletzungen vollständig verheilt seien, regte Mayer an, das Verfahren gegen Auflage eines Schmerzensgeldes einzustellen. Diesen Vorschlag machte er auch im Hinblick auf ein geringes Verschulden des Angeklagten und darauf, dass ein Mitverschulden des Geschädigten oder seines Vorgesetzten nicht auszuschließen waren. Staatsanwaltschaft und Verteidiger des 49-Jährigen waren damit einverstanden. Bis Mitte November muss der Polier 1200 Euro auf das Konto des Bauarbeiters überweisen.