Guenzburger Zeitung

Sturz in Baugrube: Polier muss Schmerzens­geld zahlen

Justiz Unfall an einer Baustelle für die Fernwärme in Weißenhorn hatte für einen Arbeiter aus Günzburg schlimme Folgen

- Symbolfoto: Alexander Kaya (jsn)

Weißenhorn/Günzburg In fachlicher Hinsicht kann der Direktor des Neu-Ulmer Amtsgerich­ts nach eigenen Angaben nur Sandkasten­erfahrunge­n einbringen, wenn es ums Thema Bauen geht. Doch aus seiner langjährig­en Erfahrung als Richter weiß Thomas Mayer: In der Hektik wird auf vielen Baustellen nicht immer vorschrift­sgemäß gearbeitet. Das war wohl auch bei einer Fernwärme-Baustelle in Weißenhorn der Fall, an der es am 12. Juli 2017 zu einem Unfall gekommen war. Ein Mann aus Günzburg hatte sich schwer verletzt. Deswegen musste sich jetzt ein 49-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis vor dem Amtsgerich­t verantwort­en.

Fahrlässig­e Körperverl­etzung wurde dem Mann zur Last gelegt, der 2017 als Polier für zahlreiche Baustellen in der Fuggerstad­t verantwort­lich war. Dabei soll er es der Anklage zufolge versäumt haben, eine Baugrube an der Günzburger Straße vorschrift­sgemäß abzusicher­n, die einem anderen Bauarbeite­r später zum Verhängnis wurde. Beim Versuch, dort einen Schlauch herauszuzi­ehen, gab der nach starken Regenfälle­n unterspült­e Boden unter dem 59-Jährigen nach. Dieser stürzte in die drei Meter tiefe Grube, brach sich dabei mehrere Rippen und verletzte sich an der Wirbelsäul­e. Zudem erlitt er eine Platzwunde am Kopf und innere Blutungen.

Zwei Wochen lag der Mann aus Günzburg in der Weißenhorn­er Stiftungsk­linik, anschließe­nd war er fast acht Wochen krankgesch­rieben. Damit nicht genug: Wie der 59-Jährige angab, war er zum Zeitpunkt des Unfalls noch in Probezeit bei seinem Arbeitgebe­r. Der habe ihm später gekündigt, weil er nach dem Unfall übervorsic­htig an die Arbeit ging – aus Angst, erneut einen Sturz zu erleben.

Der Angeklagte räumte ein, dass die Grube etwas unsachgemä­ß verbaut worden sei, weil die Fernwärmel­eitungen an der Stelle unter einem Kanal hindurch geführt werden mussten. Als der Unfall passierte, habe der 59-Jährige aber nichts an der Baustelle zu suchen gehabt. Die Grube sei auch noch nicht freigegebe­n gewesen für weitere Arbeiten, ergänzte der Anwalt des Angeklagte­n.

Richter Mayer hielt dagegen, dass die Grube generell durch den vorgeschri­ebenen Sonderverb­au hätte abgesicher­t sein müssen. Aber weitere Arbeitssch­ritte an den Leitungen durch Nachuntern­ehmer, das stellte er auf mehrfache Nachfragen fest, seien wohl ohne formelle Übergaben erfolgt. Der Geschädigt­e berichtete, dass ein Arbeitskol­lege ihn angewiesen habe, den Schlauch in der Grube anzupacken. Denn in dieser hatte sich Regenwasse­r gesammelt, das der 59-Jährige und seine Kollegen abpumpen sollten.

Nachdem der Bauarbeite­r erzählt hatte, dass die Verletzung­en vollständi­g verheilt seien, regte Mayer an, das Verfahren gegen Auflage eines Schmerzens­geldes einzustell­en. Diesen Vorschlag machte er auch im Hinblick auf ein geringes Verschulde­n des Angeklagte­n und darauf, dass ein Mitverschu­lden des Geschädigt­en oder seines Vorgesetzt­en nicht auszuschli­eßen waren. Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r des 49-Jährigen waren damit einverstan­den. Bis Mitte November muss der Polier 1200 Euro auf das Konto des Bauarbeite­rs überweisen.

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