Guenzburger Zeitung

Wie über Tabubrüche berichten?

Der journalist­ische Umgang mit Populisten

- (Siehe dazu auch die Medienkolu­mne) (wida)

Marc Pitzke, US-Korrespond­ent von Spiegel Online, kommentier­te am Donnerstag angesichts der Rohrbomben, die Kritiker von USPräsiden­t Trump erhielten: „Im Jahr der folgenschw­ersten Kongresswa­hlen seit Generation­en versinkt das Land, das das Wort ,vereinigt‘ im Namen trägt, in einem kalten Bürgerkrie­g, zerrissen von Hass, Wut, Gewalt.“

Über Deutschlan­d lässt sich ernsthaft so etwas nicht schreiben – und doch driftet auch hierzuland­e manches auseinande­r; sichtbar wird es etwa in der Sprache.

Wie aber sollen Journalist­en mit der schleichen­den Radikalisi­erung des Sprechens umgehen? Spätestens mit dem Erstarken von Pegida und der AfD diskutiert die Medienbran­che darüber – eine Lösung hat sie bislang nicht gefunden. Nicht über kalkuliert­e Tabubrüche oder Begriffe wie „Asyltouris­mus“oder „Anti-Abschiebe-Industrie“zu berichten, sei jedenfalls keine Lösung, sagt Bascha Mika, Chefredakt­eurin der Frankfurte­r Rundschau, bei einer vom Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger und dem Verband Bayerische­r Zeitungsve­rleger präsentier­ten Diskussion­srunde. Wenn Politiker solche Begriffe verwendete­n, müsse darüber berichtet werden. „Aber die Frage ist, in welcher Form und in welchem Ausmaß.“

Die Kognitions­forscherin Elisabeth Wehling empfiehlt: Journalist­en sollten stärker darüber nachdenken, wie „Framing“in ihre Berichters­tattung einfließe. Schon ein Wort wie „Flüchtling“liefere einen Interpreta­tionsrahme­n und lege eine Deutung nahe (und genau das ist mit Framing gemeint). Bei „Flüchtling“dächten die meisten nur an Männer. Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhau­er sieht in so etwas „sprachlich­e Bevormundu­ng“. Wenn nur noch von „Geflüchtet­en“die Rede sei, dann stehe „sprachpoli­tisch“damit „der aus der Hölle von Aleppo Entkommene und der aus der Kneipe Geflüchtet­e auf einer Ebene“.

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