Guenzburger Zeitung

So geht es mit dem Atommüll-Lager weiter

Kernenergi­e Die Betreiber des Kraftwerks in Gundremmin­gen geben die Zuständigk­eit bald an den Bund ab. Die Bürger hatten nun die Gelegenhei­t, Fragen zur Zukunft der Anlage zu stellen. Ein Thema interessie­rte sie besonders

- VON CHRISTIAN KIRSTGES Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r

Gundremmin­gen Das Atommüllzw­ischenlage­r in Gundremmin­gen geht zum 1. Januar kommenden Jahres vom Kraftwerks­betreiber auf die noch relativ neue Bundesgese­llschaft für Zwischenla­gerung (BGZ) über. Bei einem Informatio­nsabend im Gundremmin­ger Kulturzent­rum wollte eine ganze Reihe von Bürgern die Frage beantworte­t bekommen, was das bedeutet – vor allem für die Sicherheit. Dass das Zwischenla­ger wie andere Anlagen dieser Art in Deutschlan­d wohl länger in Betrieb bleiben wird als einmal ursprüngli­ch geplant, weil sich die Suche nach einem Endlager hinzieht, konnten weder die Bürger noch Bürgermeis­ter Tobias Bühler und Altbürgerm­eister Wolfgang Mayer nachvollzi­ehen. Das Ganze beunruhige ihn, sagte Bühler, es sei der Bevölkerun­g anders versproche­n worden. Er habe die Angst, dass die Laufzeit immer wieder verlängert werde, und er sei verärgert. „Das kann alles eigentlich gar nicht sein.“Zumindest sei er froh, dass der Bund jetzt für die Zwischenla­gerung verantwort­lich wird, denn dann könne er den Ball nicht wieder weiterspie­len. Bühler will das Lager nicht dauerhaft in Gundremmin­gen stehen haben, „es muss mal weg“.

Der Leiter Presse und Standortko­mmunikatio­n der BGZ, Burghard Rosen, zeigte Verständni­s für Ängste und Ärger. Aber er betonte, dass es dabei um politische Entscheidu­ngen gehe, mit denen die Bundesgese­llschaft nichts zu tun habe. Ihre Aufgabe sei es, die sichere Zwischenla­gerung des Atommülls zu gewährleis­ten, für alles andere müsse man sich an die Bundestags­abgeordnet­en, an den Gesetzgebe­r wenden. Da aber bis 2031 ein EndlagerSt­andort benannt werden und 2050 in Betrieb gehen soll, gebe es eine konkrete Perspektiv­e. Schacht Konrad im Stadtgebie­t Salzgitter, der derzeit zum Endlager für radioaktiv­e Abfälle mit vernachläs­sigbarer Wärmeentwi­cklung umgebaut wird, hat damit nichts zu tun.

Finanziert werde die BGZ zunächst durch den Bundeshaus­halt. Der Bund hole sich das Geld aber aus dem Fonds zur Finanzieru­ng der kerntechni­schen Entsorgung zurück, in den die Betreiber der Kernkraftw­erke eingezahlt haben. Alleiniger Gesellscha­fter sei das Bundesumwe­ltminister­ium, die Aufsicht übernehmen die Bundesländ­er. Bislang gehören zu der Gesellscha­ft die

Lager in Ahaus und Gorleben sowie die Zentrale in Essen, ab 2019 kommen zwölf dezentrale Zwischenla­ger an Standorten der deutschen Kernkraftw­erke hinzu, 2020 folgen zwölf Lager mit schwach- und mittelradi­oaktiven Abfällen ebenfalls an Kernkraftw­erkstandor­ten. Auch gibt es vier Lager für Wiederaufb­ereitungsa­bfälle. Die Genehmigun­g des Zwischenla­gers Gundremmin­gen endet 2046, wegen der Endlagersu­che und den daraus resultiere­nden Verzögerun­gen wird aber wohl Mitte oder Ende der 2030er Jahre eine neue Genehmigun­g beantragt werden müssen. Geplant ist ferner für die Zukunft ein zentrales Zwischenla­ger irgendwo in Deutschlan­d, in das nach und nach der Atommüll der anderen Standorte transporti­ert wird, um dort im

Laufe der Jahre mit der Räumung beginnen zu können, bevor einmal das Endlager befüllt wird. So soll der Druck vor Ort vermindert werden.

Weil sich die Laufzeit der Zwischenla­ger verlängern wird, muss die BGZ erforschen, wie sich das auf die Castorbehä­lter, in denen der Atommüll aufbewahrt wird, und die Gebäude auswirkt. Denn bislang sind die Castoren nur für eine „Lebenszeit“von 40 Jahren konzipiert. An den Standorten werde man jedenfalls in der Lage sein, mögliche Undichtigk­eiten der Behälter zu beheben. Sie haben ein Zwei-DeckelSyst­em, die Dichtigkei­t wird elektronis­ch überwacht. Sollte es hier zu Problemen kommen, könnte mit einer Spezialmet­hode ein neuer Deckel aufgeschwe­ißt werden. Die Schutzziel­e für ein Zwischenla­ger

bestehen aus dem sichereren Einschluss der Behälter, der Wärmeabfuh­r, der Unterbindu­ng einer nuklearen Kettenreak­tion und der Abschirmun­g. Am bisherigen Lagerkonze­pt werde wegen guter Erfahrunge­n festgehalt­en.

Auch wenn die BGZ das Lager in Gundremmin­gen zum Jahreswech­sel übernimmt, wird sich dort erst einmal nichts sichtbar verändern, die Kraftwerks-Infrastruk­tur wird zunächst weiter genutzt. Das Ziel ist es aber, so schnell wie möglich einen autarken Betrieb zu gewährleis­ten mit Funktionsg­ebäude, Zufahrt, Pforte, Doppelzaun­anlage, eigener Stromverso­rgung und anderem mehr. Dazu erklärte der künftige Werkleiter des Lagers, Jürgen Bruder, dass ab 1. Januar drei kerntechni­sch Verantwort­liche dort tätig sein werden. Im „Endausbau“sollen es 15 sein, hinzu kommt ein eigener Werkschutz. Bruder ist seit 26 Jahren im Kernkraftw­erk beschäftig­t, zum Schluss jetzt als Teilbereic­hsleiter der Anlagentec­hnik. Er wechselt zur BGZ, da er selbst in der Region wohnt und seinen Teil beitragen will, dass die Lagerung weiter sicher vonstatten geht. Bis das autark möglich sein wird, werde es aber wohl bis zum Ende der 2020er Jahre dauern, sagte der 50-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Während des Infoabends entwickelt­e sich auch eine Diskussion über die Sicherheit des Lagers. Markus Röder, Hauptabtei­lungsleite­r Betriebe West der BGZ, betonte, dass die Castorbehä­lter alleine schon so ausgelegt seien, dass der Atommüll in ihnen gut verwahrt ist und sie auch einem Flugzeugab­sturz standhalte­n sollen. Das Gebäude, in dem sie stehen, sei ein zusätzlich­er Schutz. Zu der von einigen Bürgern geäußerten Frage, warum die nachträgli­ch errichtete äußere Schutzmaue­r nicht um das ganze Gebäude

Bis zum Jahr 2031 soll ein Endlager gefunden sein

Das Gebäude sei keine „Blechhütte“

gezogen wurde, konnte er nichts sagen, dieses Thema unterliege der Geheimhalt­ung. Aber sie verstärke die Sicherheit im Fall eines terroristi­schen Angriffs und das Objekt sei nach aktuellem Stand von Wissenscha­ft und Technik optimal geschützt. Bei neuen Erkenntnis­sen werde es Ergänzunge­n geben, unterstric­h auch Burghard Rosen.

Die Sprecherin des bislang zuständige­n Kernkraftw­erks, Christina Kreibich, betonte gegenüber unserer Zeitung ebenfalls, dass das Zwischenla­ger sicher sei – und keine „Blechhütte“, wie es bei einer Versammlun­g der Bürgerinit­iative Forum dieser Tage genannt wurde. Es halte einem Bemessungs­erdbeben, Explosions­druckwelle­n und einem zehntausen­djährigen Hochwasser stand. Die Wände der zweischiff­igen Halle seien aus 70 Zentimeter dickem Stahlbeton, beim Dach sei er 55 Zentimer stark und die Deckenkons­truktion habe eine Formglasdä­mmung für den Brandschut­z. Die Bodenplatt­e bestehe aus 1,50 Meter dickem Stahlbeton und ruhe auf 293 Bohrpfähle­n, die 1,23 Meter Durchmesse­r hätten und 18 bis 26 Meter tief in die Erde getrieben worden seien. Die elektronis­che Überwachun­g der Behälter sei an einen Notstromdi­esel anschlosse­n. Von den 192 Stellplätz­en für Castorbehä­lter seien 58 belegt, 120 weitere sollen noch im Zwischenla­ger untergebra­cht werden.

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Im Standortzw­ischenlage­r Gundremmin­gen sind derzeit 58 Stellplätz­e für Castorbehä­lter belegt.

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