So geht es mit dem Atommüll-Lager weiter
Kernenergie Die Betreiber des Kraftwerks in Gundremmingen geben die Zuständigkeit bald an den Bund ab. Die Bürger hatten nun die Gelegenheit, Fragen zur Zukunft der Anlage zu stellen. Ein Thema interessierte sie besonders
Gundremmingen Das Atommüllzwischenlager in Gundremmingen geht zum 1. Januar kommenden Jahres vom Kraftwerksbetreiber auf die noch relativ neue Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über. Bei einem Informationsabend im Gundremminger Kulturzentrum wollte eine ganze Reihe von Bürgern die Frage beantwortet bekommen, was das bedeutet – vor allem für die Sicherheit. Dass das Zwischenlager wie andere Anlagen dieser Art in Deutschland wohl länger in Betrieb bleiben wird als einmal ursprünglich geplant, weil sich die Suche nach einem Endlager hinzieht, konnten weder die Bürger noch Bürgermeister Tobias Bühler und Altbürgermeister Wolfgang Mayer nachvollziehen. Das Ganze beunruhige ihn, sagte Bühler, es sei der Bevölkerung anders versprochen worden. Er habe die Angst, dass die Laufzeit immer wieder verlängert werde, und er sei verärgert. „Das kann alles eigentlich gar nicht sein.“Zumindest sei er froh, dass der Bund jetzt für die Zwischenlagerung verantwortlich wird, denn dann könne er den Ball nicht wieder weiterspielen. Bühler will das Lager nicht dauerhaft in Gundremmingen stehen haben, „es muss mal weg“.
Der Leiter Presse und Standortkommunikation der BGZ, Burghard Rosen, zeigte Verständnis für Ängste und Ärger. Aber er betonte, dass es dabei um politische Entscheidungen gehe, mit denen die Bundesgesellschaft nichts zu tun habe. Ihre Aufgabe sei es, die sichere Zwischenlagerung des Atommülls zu gewährleisten, für alles andere müsse man sich an die Bundestagsabgeordneten, an den Gesetzgeber wenden. Da aber bis 2031 ein EndlagerStandort benannt werden und 2050 in Betrieb gehen soll, gebe es eine konkrete Perspektive. Schacht Konrad im Stadtgebiet Salzgitter, der derzeit zum Endlager für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung umgebaut wird, hat damit nichts zu tun.
Finanziert werde die BGZ zunächst durch den Bundeshaushalt. Der Bund hole sich das Geld aber aus dem Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung zurück, in den die Betreiber der Kernkraftwerke eingezahlt haben. Alleiniger Gesellschafter sei das Bundesumweltministerium, die Aufsicht übernehmen die Bundesländer. Bislang gehören zu der Gesellschaft die
Lager in Ahaus und Gorleben sowie die Zentrale in Essen, ab 2019 kommen zwölf dezentrale Zwischenlager an Standorten der deutschen Kernkraftwerke hinzu, 2020 folgen zwölf Lager mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen ebenfalls an Kernkraftwerkstandorten. Auch gibt es vier Lager für Wiederaufbereitungsabfälle. Die Genehmigung des Zwischenlagers Gundremmingen endet 2046, wegen der Endlagersuche und den daraus resultierenden Verzögerungen wird aber wohl Mitte oder Ende der 2030er Jahre eine neue Genehmigung beantragt werden müssen. Geplant ist ferner für die Zukunft ein zentrales Zwischenlager irgendwo in Deutschland, in das nach und nach der Atommüll der anderen Standorte transportiert wird, um dort im
Laufe der Jahre mit der Räumung beginnen zu können, bevor einmal das Endlager befüllt wird. So soll der Druck vor Ort vermindert werden.
Weil sich die Laufzeit der Zwischenlager verlängern wird, muss die BGZ erforschen, wie sich das auf die Castorbehälter, in denen der Atommüll aufbewahrt wird, und die Gebäude auswirkt. Denn bislang sind die Castoren nur für eine „Lebenszeit“von 40 Jahren konzipiert. An den Standorten werde man jedenfalls in der Lage sein, mögliche Undichtigkeiten der Behälter zu beheben. Sie haben ein Zwei-DeckelSystem, die Dichtigkeit wird elektronisch überwacht. Sollte es hier zu Problemen kommen, könnte mit einer Spezialmethode ein neuer Deckel aufgeschweißt werden. Die Schutzziele für ein Zwischenlager
bestehen aus dem sichereren Einschluss der Behälter, der Wärmeabfuhr, der Unterbindung einer nuklearen Kettenreaktion und der Abschirmung. Am bisherigen Lagerkonzept werde wegen guter Erfahrungen festgehalten.
Auch wenn die BGZ das Lager in Gundremmingen zum Jahreswechsel übernimmt, wird sich dort erst einmal nichts sichtbar verändern, die Kraftwerks-Infrastruktur wird zunächst weiter genutzt. Das Ziel ist es aber, so schnell wie möglich einen autarken Betrieb zu gewährleisten mit Funktionsgebäude, Zufahrt, Pforte, Doppelzaunanlage, eigener Stromversorgung und anderem mehr. Dazu erklärte der künftige Werkleiter des Lagers, Jürgen Bruder, dass ab 1. Januar drei kerntechnisch Verantwortliche dort tätig sein werden. Im „Endausbau“sollen es 15 sein, hinzu kommt ein eigener Werkschutz. Bruder ist seit 26 Jahren im Kernkraftwerk beschäftigt, zum Schluss jetzt als Teilbereichsleiter der Anlagentechnik. Er wechselt zur BGZ, da er selbst in der Region wohnt und seinen Teil beitragen will, dass die Lagerung weiter sicher vonstatten geht. Bis das autark möglich sein wird, werde es aber wohl bis zum Ende der 2020er Jahre dauern, sagte der 50-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.
Während des Infoabends entwickelte sich auch eine Diskussion über die Sicherheit des Lagers. Markus Röder, Hauptabteilungsleiter Betriebe West der BGZ, betonte, dass die Castorbehälter alleine schon so ausgelegt seien, dass der Atommüll in ihnen gut verwahrt ist und sie auch einem Flugzeugabsturz standhalten sollen. Das Gebäude, in dem sie stehen, sei ein zusätzlicher Schutz. Zu der von einigen Bürgern geäußerten Frage, warum die nachträglich errichtete äußere Schutzmauer nicht um das ganze Gebäude
Bis zum Jahr 2031 soll ein Endlager gefunden sein
Das Gebäude sei keine „Blechhütte“
gezogen wurde, konnte er nichts sagen, dieses Thema unterliege der Geheimhaltung. Aber sie verstärke die Sicherheit im Fall eines terroristischen Angriffs und das Objekt sei nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik optimal geschützt. Bei neuen Erkenntnissen werde es Ergänzungen geben, unterstrich auch Burghard Rosen.
Die Sprecherin des bislang zuständigen Kernkraftwerks, Christina Kreibich, betonte gegenüber unserer Zeitung ebenfalls, dass das Zwischenlager sicher sei – und keine „Blechhütte“, wie es bei einer Versammlung der Bürgerinitiative Forum dieser Tage genannt wurde. Es halte einem Bemessungserdbeben, Explosionsdruckwellen und einem zehntausendjährigen Hochwasser stand. Die Wände der zweischiffigen Halle seien aus 70 Zentimeter dickem Stahlbeton, beim Dach sei er 55 Zentimer stark und die Deckenkonstruktion habe eine Formglasdämmung für den Brandschutz. Die Bodenplatte bestehe aus 1,50 Meter dickem Stahlbeton und ruhe auf 293 Bohrpfählen, die 1,23 Meter Durchmesser hätten und 18 bis 26 Meter tief in die Erde getrieben worden seien. Die elektronische Überwachung der Behälter sei an einen Notstromdiesel anschlossen. Von den 192 Stellplätzen für Castorbehälter seien 58 belegt, 120 weitere sollen noch im Zwischenlager untergebracht werden.