Guenzburger Zeitung

„Im Nachhinein war es blöd“

Gericht Ein 31-Jähriger verkauft geklaute Luxusuhren im Internet und wird wegen Hehlerei und Betrug angeklagt. Warum das Verfahren am Ende eingestell­t wird

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Die Uhren der bekannten englischen Luxusmarke Burberry stammten von einem gewissen „Ismael“. Die Originale wurden im Zehnerpake­t zum Spottpreis angeboten. Der Käufer, ein 31-Jähriger Kaufmann aus dem südlichen Landkreis Günzburg, ließ sich die Gelegenhei­t nicht entgehen und verhökerte die Markenuhre­n im Internet mit deutlich höherem Erlös. Dann stand plötzlich die Kriminalpo­lizei bei ihm auf der Matte. Denn die Uhren waren Diebesgut. Wegen Hehlerei und Betrug musste sich der Mann jetzt am Amtsgerich­t Günzburg verantwort­en.

Die Staatsanwa­ltschaft warf ihm vor, die Armbanduhr­en im Herbst vergangene­n Jahres dem im Raum Mainz/Wiesbaden ansässigen „Ismael“abgekauft zu haben. Angeblich seien die Zeitmesser „vom Lkw gefallen“. Tatsächlic­h aber hatten nach Erkenntnis­sen der Ermittler bisher unbekannte Täter sie auf dem Transportw­eg vom texanische­n Dallas nach Eggstätt (Landkreis Rosenheim) aus einer Frachtsend­ung gestohlen. Der Angeklagte, so die Staatsanwa­ltschaft, habe die Uhren zur Versteiger­ung auf der Auktions- plattform Ebay angeboten und damit vorgetäusc­ht, rechtmäßig­er Eigentümer zu sein, was als juristisch als gewerbsmäß­iger Betrug gewertet wird. Fünf Kunden haben laut Anklage Uhren zu Preisen zwischen knapp 200 und 230 Euro gekauft.

„Ich habe die Uhren im guten Glauben erworben“, beteuerte der 31-Jährige in der Verhandlun­g, „aber im Nachhinein war es blöd“. Für das Paket hatte er „Ismael“zwischen 1400 und 1500 Euro in bar gezahlt. Der Kontakt zu dem Anbieter sei schon vor vielen Jahren zustande gekommen. Er habe ihn mehrfach kontaktier­t, aber dann in der Regel nur besonders hochwertig­e Luxusuhren angeboten: „Die konnte ich mir aber nicht leisten“, sagte der Angeklagte.

Bei den nicht ganz so teuren Uhren, die er von verschiede­nen Anbietern im Laufe der Jahre erworben hat, habe er immer geprüft, ob sie nicht als gestohlen gemeldet gewesen seien. So wollte er sich eigenen Angaben zufolge gegen unseriöse Angebote absichern. Doch im vorliegend­en Fall tat er das nicht. An den Armbanduhr­en, die aus der dubiosen Quelle stammten, hingen sogar noch Anhänger mit den unverbindl­ichen Verkaufspr­eisen, die bei rund 1100 Euro lagen. Das machte Richter Martin Kramer stutzig. Er fragte, warum der Angeklagte in diesem Fall von seinen üblichen Gewohnheit­en abgewichen sei: „Da hätten sämtliche Alarmglock­en schrillen müssen“, hielt er dem Mann vor. In der Vorweihnac­htszeit habe das Geschäft geboomt, so der 31-Jährige, da habe er wenig Zeit für eine Überprüfun­g aufgewende­t. „Das war kolossal dumm.“Er habe sich selbst bemüht, den Schaden wieder gut zu machen und vier der fünf Zeitmesser wieder zurückgeka­uft. Die fünfte Uhr war nach Italien gegangen und der Käufer habe sich trotz Einschreib­ens nicht bei ihm gemeldet.

Der als einziger Zeuge geladene Ermittler der Memminger Kriminalpo­lizei kam nicht zum Verhandlun­gstermin – er hatte den Termin schlicht vergessen. Auf dessen Aussage wurde verzichtet. Verteidige­r Thomas Aubele (Aalen) regte eine Einstellun­g des Verfahrens an.

Wegen des Vorwurfs gewerbsmäß­igen Betrugs wollte Richter Kramer zunächst nicht mitziehen. Doch selbst die Staatsanwä­ltin hielt eine Einstellun­g gegen Geldauflag­e für möglich, zumal das Nachtatver­halten des Angeklagte­n und sein Geständnis glaubwürdi­g seien, er keine Vorstrafen aufweise und selbst für die Wiedergutm­achung des Schadens gesorgt habe.

Das habe ihn circa 3000 Euro gekostet, sagte der 31-Jährige, der früher als Handelsver­treter in einer völlig anderen Branche gearbeitet hat und erst vor vier Jahren profession­ell in den Uhrenhande­l eingestieg­en sei. Er hätte damals schon mehr als misstrauis­ch werden müssen, gab Richter Kramer dem Angeklagte­n mit auf den Weg, „so etwas darf nicht wieder passieren“, warnte er. Mit einer vorläufige­n Einstellun­g des Verfahrens gegen Zahlung von 2500 Euro ans Therapieze­ntrum Burgau kam der 31-Jährige glimpflich davon.

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Illustrati­on: Fotolia Der Verkauf von Uhren im Internet brachte einen 31-Jährigen vor das Günzburger Amtsgerich­t.

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