Abrechnung mit Seehofer
Getroffen von einer erneuten Wahlniederlage hat Angela Merkel am Montag ihren Rückzug aus der Politik eingeläutet. Wer ihr genau zuhörte, der musste die Erklärung auch als Abrechnung mit ihrem Widersacher Horst Seehofer verstehen. Merkel sprach von „Verwerfungen im Sommer“und von einem „inakzeptablen Bild“der Bundesregierung. Damit spielte sie auf den CSU-Chef an, der mit seinen krawalligen Attacken auf Merkel und den Koalitionspartner SPD an vorderster Stelle für das schlechte Erscheinungsbild der GroKo verantwortlich war und ist. Für den zugespitzten Streit über die Flüchtlingspolitik haben Seehofer und die CSU bei der BayernWahl bereits eine Quittung bekommen. Die Rechnung für die persönlichen Angriffe auf Merkel („Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten“) ist noch offen. Dass Seehofer den Rückzug der Kanzlerin nun ausdrücklich bedauerte und vom „gegenseitigen Respekt“sprach, kann höchstens unter einem Aspekt ehrlich gemeint gewesen sein: Seehofer bedauert, dass Merkels Aussagen auch sein politisches Ende beschleunigen könnten. In der CSU stehen die Zeichen ebenfalls auf Neuanfang.