Guenzburger Zeitung

Schnelles Ende für Plastik? Nicht wirklich

Müll Seit Jahren steigt die Zahl der Kunststoff­verpackung­en sogar an

- Deutschlan­d. Redaktions­netzwerk

München Ungeachtet aller Bekenntnis­se zur Müllvermei­dung werden Kunststoff­verpackung­en in absehbarer Zeit nicht verschwind­en. „Ich glaube nicht, dass Kunststoff­e schnell ersetzt werden können“, sagt Sven Sängerlaub, Manager am Fraunhofer-Institut für Verfahrens­technik und Verpackung in Freising. „Kunststoff-Verpackung­en haben viele Vorteile: Sie sind sehr dünn, leicht und weisen Barriereei­genschafte­n auf.“Alles Pluspunkte für Industrie und Handel: „Barriereei­genschafte­n“bedeutet, dass viele Kunststoff­e undurchläs­sig für Feuchtigke­it oder Luft sind.

Sowohl Verpackung­sproduktio­n als auch die Menge des Verpackung­smülls sind seit Beginn des Jahrtausen­ds gestiegen. Dabei spielen nicht nur die Bedürfniss­e der Wirtschaft eine Rolle, auch das Konsumverh­alten der Bürger ist maßgeblich. Eine wachsende Zahl von Single-Haushalten bedeutet, dass mehr Produkte in Kleinpacku­ngen angeboten werden – mehr Verpackung für weniger Inhalt.

„In den Supermärkt­en werden immer mehr Convenienc­e-Produkte angeboten, die in Kunststoff­folie eingepackt werden müssen, etwa geschälte Bananen oder Zitronen“, sagt Ulf Kelterborn, Hauptgesch­äftsführer der Industriev­ereinigung Kunststoff­verpackung­en.

Die Entwicklun­g lässt sich an Zahlen ablesen: 2017 wurden in Deutschlan­d laut der Verpackung­sbranche knapp 4,4 Millionen Tonnen Kunststoff­verpackung­en produziert, knapp 100000 Tonnen mehr als im Vorjahr. Daran ändert der Vorstoß vieler Supermarkt­ketten nichts, die Plastiktüt­en verbannt haben.

Die Verpackung­sbranche argumentie­rt, dass Kunststoff­verpackung die Haltbarkei­t von Lebensmitt­eln erhöht. „Nicht verpackte Salatgurke­n trocknen wesentlich schneller aus“, sagt Kelterborn. „Der Anteil nicht mehr genießbare­r Gurken, die schon vom Handel weggeworfe­n würden, wäre um ein Vielfaches höher.“Der Einzelhand­el sei ein Geschäft mit geringen Margen, meint er. „Verpackung­en kosten Geld, und deshalb werden auch keine unnötigen Verpackung­en verwendet.“Das sei eher eine Frage des Verbrauche­rverhalten­s. „Wenn Verbrauche­r eine gewisse Auswahl wollen, kommen Sie ohne Verpackung nicht aus.“

Indes macht auch die EU Druck im Kampf gegen Plastik: Sie will Wattestäbc­hen, Strohhalme und Einweggesc­hirr verbieten. Die Bundesregi­erung unterstütz­t den Vorschlag. „Wir werden in Brüssel entschiede­n für ein Verbot von überflüssi­gem Einweg-Plastik eintreten“, sagte Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) dem

Doch vom EU-Ziel, wonach bis 2030 nur wiederverw­ertbare Materialie­n in Verpackung­en zum Einsatz kommen sollen, sind Wissenscha­ft und Industrie noch weit entfernt: „In diesem Bereich gibt es noch viel Forschungs­bedarf“, sagt Frauenhofe­rExperte Sängerlaub.

Der BUND hält nichts davon, allein das Konsumverh­alten verantwort­lich zu machen: „Industrie und Handel haben eine Verantwort­ung, dass dieser Wahnsinn aufhört“, sagt Rolf Buschmann von der Umweltorga­nisation BUND. „Wir brauchen Anreize und den Druck aus der Politik, das in die richtige Richtung zu drücken.“

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Foto: dpa 4.4 Millionen Tonnen Plastikver­packungen wurden 2017 produziert.

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