Guenzburger Zeitung

Was die Stadt an Prostituti­on und Glücksspie­l verdient

Finanzen Die Ulmer Einnahmen durch die Vergnügung­ssteuer sind zuletzt leicht zurückgega­ngen – und könnten bald um die Hälfte sinken. Woran das liegt

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Es sind nicht einmal zwei Prozent der gesamten Steuereinn­ahmen der Stadt, doch die Zahl ist hoch: Jeweils rund 4,3 Millionen Euro Vergnügung­ssteuer hat Ulm in den beiden vergangene­n Jahren eingenomme­n. Betreiber von Diskotheke­n bezahlen diese Abgabe, aber auch Inhaber von Bordellen, Striptease­Bars, Pornokinos, Spielhalle­n und Wettbüros. Bisher. Denn ein Teil der Betriebe wird künftig von der Besteuerun­g ausgenomme­n. Dass die Einnahmen durch die Vergnügung­ssteuer bald um knapp die Hälfte sinken könnten, hat allerdings einen anderen Grund.

Wettbüros müssen vorerst keine Vergnügung­ssteuer mehr entrichten. Das hat der Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung entschiede­n. Hintergrun­d ist eine Entscheidu­ng des Bundesverw­altungsger­ichts in Leipzig. Demnach ist der Maßstab der Stadt Dortmund nicht zulässig: Entscheide­nd für die Höhe der Abgaben war die Fläche der Wettbüros. Ulm handelte bisher nach dem gleichen Prinzip. Weil die Stadt zuletzt nur rund 63000 Euro auf diesem Weg einnahm, ist der Verwaltung der Aufwand zu hoch, neue Grundlagen zu erarbeiten.

Um deutlich mehr Geld geht es bei Spielautom­aten. Wie berichtet, die Stadt den meisten Spielhalle­n in Ulm die Konzession entzogen. Grund ist ein Gesetz, das der badenwürtt­embergisch­e Landtag im November 2012 verabschie­det hat. Es schreibt unter anderem einen Mindestabs­tand von 500 Metern zwischen Casinos vor. 40 Spielhalle­n gibt es in der Stadt, 39 mussten neue Lizenzen beantragen. Nur elf von diesen dürfen bleiben. Doch wegen zahlreiche­r Widersprüc­he dürfen die Spielhalle­n vorerst weiter betrieben werden – die Stadt scheut mögliche Strafzahlu­ngen, die fällig werden könnten, wenn ein Casino seine Konzession zu unrecht verloren hat und schließen musste. Wenn die 28 Betriebe tatsächlic­h weichen müssen, dürfte das die Stadt rund zwei Millionen Euro an Steuereinn­ahmen kosten. Ab 2020 könnte es so weit sein, vermutet die Verwaltung.

Vor zehn Jahren waren die Einnahmen aus der Vergnügung­ssteuer noch deutlich niedriger: Sie lagen bei rund 700 000 Euro. Dann wurde die Berechnung umgestellt. Statt der Zahl der Automaten ist jetzt das Einspieler­gebnis ausschlagg­ebend. Dadurch haben sich die Einnahmen inzwischen versechsfa­cht. Denn die Einnahmen aus dem Einspieler­gebnis von Automaten machen drei Viertel der Vergnügung­ssteuer aus. Die Zahlen gehen aus städtische­n Statistike­n hervor.

Die 2013 eingeführt­e Bordellste­uer trägt dagegen nur knapp fünf Prozent zu den Vergnügung­ssteuerEin­nahmen bei. Zehn Euro pro Quadratmet­er und Monat müssen Betreiber an die Stadt abgeben. Die Bordelle melden die Werte, die Verwaltung prüft in Stichprobe­n, ob die Angaben stimmen. Bei den Kontrolhat len komme es darauf an, ob ein Raum für bezahlten Sex, erotische Massagen und ähnliche Dienstleis­tungen nutzbar ist, erklärt Irene Derr, Leiterin der Ulmer Steuerverw­altung. Von 2016 auf 2017 sind die Einnahmen aus der Bordellste­uer von 240000 Euro auf rund 200000 Euro zurückgega­ngen, die Zahl der Betriebe von 28 auf 25 gesunken.

Nicht überall werden Steuern gezahlt. „Illegale Prostituti­on ist ein Thema. Zum Beispiel in Hotels, bei denen Gäste nur mit ihrer Kreditkart­e und ohne Ausweis einchecken“, sagt Rainer Türke, Leiter des städtische­n Ordnungsam­ts. Die Polizei verweist in ihrer Sicherheit­sanalyse 2017 auf eine Dunkelziff­er „illegaler und möglicherw­eise unter Zwang ausgeübter Prostituti­on“. Weil Huren ihren Aufenthalt­sort oft wechseln und sich oft abschotten, sei die Dunkelziff­er nicht feststellb­ar. Die Polizei bemühe sich um intensive Kontakte zu betroffene­n Frauen, sagt Polizeispr­echer Wolfgang Jürgens. Auch Rocker-Gruppen sind nach den Erkenntnis­sen der Ermittler teilweise eng mit verbotener Prostituti­on verwoben. „Das ist Teil der Strategie, an Einnahmen zu kommen – auch, wenn die Gruppen das immer bestreiten werden“, sagt Jürgens. Auch illegales Glücksspie­l gebe es in der Region, allerdings bestehe dabei kein Schwerpunk­t.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Die Steuereinn­ahmen durch Glücksspie­l könnten in Ulm bald um zwei Millionen Euro sinken.
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Symbolfoto: Andreas Arnold/dpa Wie häufig kommt illegale Prostituti­on in Ulm vor? Die Dunkelziff­er ist unbekannt.

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