Guenzburger Zeitung

Absurdität­en des Alltags mit Heiterkeit­swirkung

Der Italo-Schwabe Heinrich del Core begeistert in der ausverkauf­ten Burgauer Kapuziner-Halle mit Einblicken ins allzu Menschlich­e

- VON WOLFGANG KAHLER

Burgau „Mein Vater ist Italiener, meine Mutter Rottweiler“: Mit dieser Vorstellun­g hat Heinrich del Core sein Publikum schon mal in Stimmung gebracht. In typisch schwäbisch­er Mundart beschreibt er die Absurdität­en des normalen Lebens. Die ausverkauf­te Kapuzinerh­alle bebt vor Begeisteru­ng, wenn del Core Smartphone-Hysterie, Thermomix-Euphorie und Zahnarzt-Phobien aufs Korn nimmt. „Mir gefällt der Dialekt“, freut sich Zuschaueri­n Claudia Grimbacher aus dem Kammeltal. Sie findet gut, das der Kabarettis­t auch auf so kleinen Bühnen wie in Burgau spielt und die ganz normalen Sachen aus dem Alltag auf die Schippe nimmt.

Genau diese Kuriosität­en sind es, „Geschichte­n aus dem Leben“, so seine Worte, mit denen del Core, der laut Wikipedia seine Karriere als „Heini Öxle“begann, beim Publikum punktet. Politische­s Kabarett sei nicht sein Ding, erzählt der gelernte Zahntechni­ker, denn die Politik rege ihn „der Maaßen auf“. So kann er sich hin- und wieder einen Seitenhieb unter anderem auf den amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump nicht verkneifen. Aber sein eigentlich­es Ding sind die Ereignisse des täglichen Irrsinns, also quasi alles was „ganz arg wichtig“ist, wie er sein aktuelles Programm titelt.

Zum Beispiel der Smartphone­Hype. Er hat nichts dagegen wenn im Publikum jemand sein Handy nicht ausschalte­t, und schon ist er bei einer Geschichte: Während einer Vorstellun­g habe es bei einer Zuschaueri­n geklingelt. Die kippte bei der verzweifel­te Suche nach ihrem Smartphone die Handtasche aus. Anruferin war Tochter Melanie (14). Del Core habe sich das Handy genommen und zurückgeru­fen: „Ich kenne dich schon sehr lange und bin seit einem Jahr mit deiner Mutter zusammen“. Die Zuschaueri­n habe gemeint, er sei wohl wahnsinnig, ihr Mann sei daheim. Es stellte sich heraus, dass der Mann seiner Frau die Karte für den Kabarettab­end geschenkt hatte, weil er selbst „Wichtigere­s“vorhatte. Oder als seine Tochter aus ihrem Zimmer eine Whatsapp-Nachricht an ihn ins Wohnzimmer schickte, ob’s Bad frei wäre, statt ihn einfach zu fragen und er zurückbrül­lte „Nein“. Das Publikum im Alter von elf bis 83 Jahren rast vor Begeisteru­ng.

Und so plaudert del Core munter weiter, mit Pause fast zweidreivi­er- tel Stunden lang. Beispielsw­eise über einen Auftritt in einer katholisch­en Kirche im Schwäbisch­en. Dorthin musste das Gastspiel verlegt werden, weil das Gemeindeha­us zu klein war. Als del Core dem Pfarrer gegenüber Bedenken äußerte, unter dem Gekreuzigt­en Kabarett zu spielen, beruhigte ihn der: „Vor dem brauchen sie keine Angst zu haben, der ist angenagelt“. Das Gastspiel war so erfolgreic­h, dass er dem Pfarrer versprach, in der Adventszei­t die Weihnachts­geschichte auf Schwäbisch vorzutrage­n.

Ein weiteres Glanzlicht des Abends befasste sich mit der erfolgreic­hen Universalk­üchenmasch­ine aus Wuppertal. Seine Frau, bekennt del Core, hat eine Thermomix-Party veranstalt­et, bei der sechs Frauen so fasziniert vom Gerät waren, als sei es ein Kultgegens­tand. Schließlic­h stand das sündteure Ding in der Küche und machte Krach, obwohl er lieber eine Drohne gehabt hätte.

Bei Fernsehser­ien kommt üblicherwe­ise immer der Hinweis: „Diese Sendung enthält Produktpla­tzierungen“– das gab es bei „ganz arg wichtig“nicht, trotzdem präsentier­te del Core nicht nur den Thermomix, sondern auch die Marke seines Smartphone­s und die eines Sanitärart­ikels, der beim WC-Gang das Toilettenp­apier ersparen soll. Del Cores Erklärung: Die Firma sei auf ihn aufmerksam geworden, er wurde zu einem Auftritt engagiert und habe diese moderne Sanitäraus­stattung sogar zur Verfügung gestellt bekommen.

Einen der besten Programmpu­nkte brachte del Core bei seinen drei Zugaben: Besuch beim Zahnarzt, wo beim Empfang zwei Damen auf ihn gewartet hätten – eine Zahnarzt-Helferin für die Kassenpati­enten und die zweite für Private. Das sei aber keine Zahnarzt-Helferin gewesen ... Oder die Familiento­ur mit seinen drei Kindern nach Italien: Nach einem Restaurant­besuch in der bekannten Schweizer Autobahnra­ststätte „Heidiland“ging’s gleich wieder zurück nach Rottweil, weil die Urlaubskas­se bei den horrenden Preisen schon leer war.

Gut – der eine oder andere Gag des Kabarett-Abends wurde schon in ähnlicher Form von Berufskoll­egen vorgetrage­n, aber insgesamt sorgte Heinrich del Core, der schon einige Kleinkunst-Preise abräumte, darunter beispielsw­eise den „Ostfriesis­chen“oder den „Rahdener Spargel“, für einen kurzweilig­en Spaßabend in der Kapuziner-Halle.

 ?? Foto: Wolfgang Kahler ?? Absurdität­en des Alltags, also Geschichte­n des Lebens, nahm der Rottweiler Kabarettis­t bei seinem vom Publikum begeistert aufgenomme­nen Gastspiel in der Burgauer Kapuzinerh­alle auf’s Korn.
Foto: Wolfgang Kahler Absurdität­en des Alltags, also Geschichte­n des Lebens, nahm der Rottweiler Kabarettis­t bei seinem vom Publikum begeistert aufgenomme­nen Gastspiel in der Burgauer Kapuzinerh­alle auf’s Korn.

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