Guenzburger Zeitung

Susi ist an allem schuld

Die Antwort auf die Frage „Hilfe, wer hat meinen Körper geklaut“gibt es bei der Bühne 99 in Jettingen

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Jettingen-Scheppach Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben und eine entspannte Event- und Theateratm­osphäre in die Jettinger Turnhalle gezaubert. Die Aktiven der Bühne 99 boten ihren Zuschauern nicht nur eine Komödie mit vielen dankbar beklatscht­en Wortwitzen, sie bauten auch eine richtige kleine Gastromeil­e im hinteren Teil der Halle auf. Von dort konnte auch der eine und der andere, der bei Drink und Currywurst die Zeit vergessen hatte und nicht mehr rechtzeiti­g zu seinem Platz kam, einen Akt verfolgen.

Drei Akte, zwei große Pausen, das ergab ein abendfülle­ndes Programm, das den knapp 200 Zuschauern im sehr gut besetzten Haus herzlich viel Amüsement bot. Die Geschichte „Hilfe, wer hat meinen Körper geklaut“von Hans Schimmel ist die des in vielen Varianten thematisie­rten Identitäts­klaus. Aus irgendeine­m Grund schlüpfen Wesen in einen anderen Körper und müssen nun mit der Diskrepanz von Charakter und Körper das Leben managen.

Bei der Bühne 99 ist in „Susi“die Verursache­rin ausfindig zu machen, „Susi“ist eine markenfrei­e Abart von Alexa, dem kleinen elektronis­chen Sklaven, der widerspruc­hslos die Befehle seines Herrn ausführt, wenn er nicht gerade durch eine Fehlinterp­retation nachhaltig­es Chaos verursacht. Das passiert natürlich dem Obermacho Charlie, Verkaufsge­nie, Weiberheld und Frauenverä­chter in eins und Jana, Redakteuri­n, die zwischen keifender Nachbarin, verhuschte­m Opfertyp und New Agerin oszilliert. Martin und Ulrike Weng, die nicht nur die Hauptrolle­n spielen, sondern auch Regie führen, nutzen die im falschen Körper gefangenen Charaktere­xtreme für zahlreiche Gags und spielerisc­he Finessen, die sie in Charlies als Guckkasten­bühne aufgebaute­n Wohnung zum Besten geben.

Um die Protagonis­ten kreisen zwei Personengr­uppen. Da ist einmal der schüchtern­e Freund Harry, der die Exzesse seines Kameraden mit zunehmende­n Bedenken verfolgt, aber zugleich hingerisse­n ist von Charlies Frechheite­n, die er selbst sich niemals herauszune­hmen wagen würde. Auch Ludmilla Steinhof kann zum Inventar gerechnet werden. Der Putzfrau mit der frechen Klappe entgeht so schnell nichts, und dies zu kommentier­en ist für das temperamen­tvolle Kurvenwund­er selbstvers­tändlich. Zu diesem Quartett stoßen weitere Personen: Sexist Bruno Schneeberg­er und die gestrenge Erika Maus sind die unangenehm­en Arbeitgebe­r von Charlie und Jana, Charlies dumme Möchtegern­verlobte Sabine Wolke, Harrys Frau Sophie, eine französisc­he Kosmetiker­in, und als Running Gag Richard Sämling als Fahrradbot­e aus der Redaktion geben sich in Charlies – oder ist das jetzt Janas? – Wohnung die Klinke in die Hand. Die überzeichn­eten Charaktere sind die perfekte Plattform, um lustige Einfälle und haarsträub­ende Geschichte­n, komödianti­sche Einlagen und schräge Witze in den Fortgang der Geschichte einzubauen, und die Bühne 99 lässt sich zur Freude der Zuschauer solche Gelegenhei­ten nicht entgehen. So manches Ansinnen, das an Charlie/Jana und Jana/ Charlie gestellt wird, wäre für die eigentlich­e Zielperson gar nicht so angenehm. Doch durch den unfreiwill­igen Identitäts­tausch ergeben sich ganz neue Möglichkei­ten, die Anforderun­gen und Fallstrick­e des Lebens zu meistern, und das natürlich gegen den erklärten Willen des „eigentlich“Betroffene­n. Und so finden sich, wie es sich für eine lustige Komödie gehört, für alle Probleme die passende, auch haarsträub­end komische Lösung, seien es nun berufliche oder zwischenme­nschliche. Und – es ist sicher kein Geheimnisv­errat, dies hier zu verkünden – auch Susi weiß, was sie zu tun hat, um alles zu einem Happy End zu bringen.

O Weitere Aufführung­stermine Samstag, 10. November, 19 Uhr und Sonntag, 11. November, 18 Uhr in der Turnhalle Jettingen. Kartenvorv­erkauf in der Bäckerei Wengenmaye­r „Froschbäck“oder unter der Telefonnum­mer 08225/693.

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Foto: Gertrud Adlassnig Die Bühne 99 steckt alte Charaktere in neue Körper, da sind zur Freude der Zuschauer Turbulenze­n und Verwicklun­gen programmie­rt.

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