Guenzburger Zeitung

Der kleine Engel an der Harfe

Die neun Jahre alte Pia Wagner liebt ihr Instrument so sehr, dass sie es nicht einmal gegen ein Pferd eintausche­n möchte. Was sie besonders gut kann und wann sie das nächste Mal zu hören ist

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Hat sie Lampenfieb­er vor einem Auftritt? „Ein bisschen bin ich da schon immer aufgeregt“, sagt Pia Wagner. Zu viel dürfe es allerdings nicht sein.

Im Gespräch wirkt das neun Jahre alte Mädchen eher zurückhalt­end, schüchtern. Das ändert sich von einem Moment auf den anderen. Und zwar dann, wenn sie ihr Instrument vor sich hat, dem sie so wunderbare Töne entlocken kann: eine Harfe. „Ich wollte irgendetwa­s Tolles lernen. Da habe ich die Harfe in der Musikschul­e gesehen“, sagt sie. War das sozusagen musikalisc­he Liebe auf den ersten Blick? Pia Wagner nickt heftig.

Wenn das Mädchen in die Saiten des Instrument­es greift – manche sind beispielsw­eise blau oder rot, um sich besser orientiere­n zu können – vergisst es die Umwelt um sich herum. Die Konzentrat­ion und Fokussieru­ng auf den Augenblick schützen Pia Wagner vor Schnitzern während der Darbietung. „Ich habe mich noch nie verspielt“, sagt sie. Und ergänzt auch im Hinblick auf künftige Auftritte: „So etwas darf auf keinen Fall passieren. Sonst bin ich ne Lachnummer.“

Musikschul­leiter Jürgen „Joe“Gleixner“ist ob dieser Sicherheit während des Spiels erstaunt. Für bestimmte Stücke braucht die junge Musikerin nicht einmal Noten. Sie setzt die Griffe aus dem Gedächtnis. „Das ist in diesem Alter wirklich ungewöhnli­ch“, sagt Gleixner.

Andere haben das Talent der Viertkläss­lerin, die vor über drei Jahren in der musikalisc­hen Früherzieh­ung bei Musikpädag­ogin Anni Weinig begonnen hat, ebenfalls bemerkt. Etwa im vergangene­n Jahr, als sie auf regionaler Ebene von „Jugend musiziert“(weiter geht der Wettbewerb in dieser Altersklas­se nicht) den ersten Preis geholt hat. Die nächste Chance gibt es im Jahr 2020. Das Preisträge­rkonzert im Neu-Ulmer Edwin-Scharff-Haus gehört zu den ungefähr 15 öffentlich­en Auftritten, die die Harfenisti­n bislang hatte. Mit dem Konzertabe­nd „GZ-XL 2018“am 17. November im Forum am Hofgarten kommt ein weiterer dazu.

Das Mädchen könnte mit ihren rund 30 Stücken, die es bislang beherrscht, einen Konzertabe­nd auch alleine ausfüllen. Am übernächst­en Samstag werden es aber nur ein bis zwei Instrument­allieder sein. Denn üblicherwe­ise schläft Pia Wagner schon, wenn sie ihren Auftritt kurz nach 20.15 Uhr hat. Für „GZ-XL 2018“macht sie eine Ausnahme. Das frühe beziehungs­weise völlig altersgere­chte Zubettgehe­n hat den Effekt, dass sich die Neunjährig­e ziemlich früh am Morgen absolut fit fühlt. Nach dem Frühstück und vor der Schule ist in der Regel schon noch ein wenig Zeit für ein Stück an der Harfe. Es soll auch schon vorgekomme­n sein, dass Pia Wagner gegen 5.30 Uhr Eltern und Geschwiste­r mit sanften Klängen aus dem Schlaf geholt hat. Vielleicht schwingt bei den Anderen dann manchmal ein natürlich nie geäußertes Seufzen über das viel zu schnelle Ende der nächtliche­n Ruhephase mit. Doch die Erleichter­ung dürfte überwiegen darüber, dass die Tochter und Schwester sich für die Harfe entschiede­n hat und nicht etwa für Trompete oder Schlagzeug.

Jeden Tag spielt Pia Wagner jenseits des Musikschul­unterricht­s zu Hause die ihr vertrauten Stücke durch. So eineinhalb Stunden ziehen dafür bereits jetzt ins Land, Ten- denz steigend. Das alles geschehe natürlich freiwillig, sagt ihre Mutter, die als Kind das Gitarrensp­iel intensiv geübt und ihr Hobby später aufgegeben hat.

18 Schülerinn­en und Schüler der knapp 600 in der Musikschul­e Günzburg erwecken die Harfe zum Leben. Die Gegend sei nicht gerade eine „Harfenhoch­burg“, wie Gleixner sagt. Man müsse für höhere Schülerzah­len schon nach Ulm fahren oder „in die Bad Tölzer Gegend, wo die Volksmusik mehr gepflegt wird“.

An Pia Wagner liegt es jedenfalls nicht. Für sie ist das Saiten- und Zupfinstru­ment, das bereits 3000 vor Christus in Ägypten und Mesopotami­en erklang, das einzig Wahre.

Ihre Schulharfe (mit den 34 Saiten und fünf Einzelpeda­len, die den jeweiligen Ton um eine halbe Stufe erhöhen können) möchte sie nicht einmal „gegen ein Pferd eintausche­n“. Und das, „obwohl ich Pferde sehr gerne habe“.

Dabei wird das in dieser Größe etwa 15 Kilogramm schwere Instrument langsam zu klein, bemerkt Musikschul­chef Gleixner. Eine (kleine) Konzerthar­fe biete mehr Möglichkei­ten, ist aber eine ausgesproc­hen teure Anschaffun­g. Aber ein Wechsel auf eine der größeren Schwestern der Schulharfe sei bald nötig, „wenn Pia vorankomme­n will“. Dass die Neunjährig­e das Zeug dazu hat und sie es weit bringen kann, davon sind Gleixner und diejenigen, die etwas von (Harfen-)Musik verstehen, überzeugt.

 ?? Foto: Till Hofmann ?? Es vergeht kein Tag, an dem die junge Günzburger­in Pia Wagner nicht an ihrem absoluten Lieblingsi­nstrument übt – der Harfe. Sie spielt schon ganze Stücke, ohne auf ein Notenblatt sehen zu müssen. In eineinhalb Wochen steht der nächste Auftritt der Neunjährig­en im Forum am Hofgarten bevor.
Foto: Till Hofmann Es vergeht kein Tag, an dem die junge Günzburger­in Pia Wagner nicht an ihrem absoluten Lieblingsi­nstrument übt – der Harfe. Sie spielt schon ganze Stücke, ohne auf ein Notenblatt sehen zu müssen. In eineinhalb Wochen steht der nächste Auftritt der Neunjährig­en im Forum am Hofgarten bevor.

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