Kunden sind hier ausdrücklich erwünscht
Die Raiffeisenbank Ichenhausen hat ihr Erdgeschoss komplett neu gestaltet. Was die Aktion mit der Philosophie der Genossenschaftsbank zu tun hat – und warum die Investition auch für die Mitarbeitergewinnung gut ist
Ichenhausen An der Kasse bildet sich eine Schlange, die Geldautomaten sind belegt, und der Kontoauszugsdrucker spuckt seitenweise Zahlen aus: Der Laden brummt, würde man bei einem Geschäft sagen. Bei der Raiffeisenbank Ichenhausen heißt es schlicht: „Es geht uns gut.“Dass Kunden die Schalterhalle im Erdgeschoss beleben, ist genau das, was sich die Vorstände Michael Hösle und Achim Krist wünschen – es entspricht der Philosophie des Hauses. Und die ist alles andere als normal. Drei Monate lang liefen die Umbauarbeiten in der Ichenhauser Hauptstelle, Handwerker gingen neben den Kunden und Mitarbeitern ein und aus. „Viele der Firmenvertreter waren erstaunt, dass bei uns so viel los ist“, sagt Michael Hösle im Gespräch mit unserer Zeitung. Das ist genau so gewünscht: „Wir wollen die Kunden in der Bank sehen.“
In den vergangenen drei Monaten hatten die Kunden allerdings Einschränkungen in Kauf zu nehmen, denn im Erdgeschoss des 1995 bezogenen Hauses hat sich in vier Bauabschnitten einiges verändert. Rund 500 000 Euro hat sich die Genossenschaftsbank den Umbau kosten lassen, eine finale Abrechnung gibt es noch nicht. „Dabei hat alles damit angefangen, dass wir nach 20 Jahren den Teppich erneuern wollten“, erinnert sich Hösle. Schnell stand jedoch fest: Um die Kundenhalle den Anforderungen der Zeit und der Philosophie der Bank, tatsächliche Anlaufstelle für die Kunden zu sein, wirklich gerecht zu werden, muss mehr passieren. Also wurde alles anders: heller, freundlicher, mit Klimatisierung auch im Obergeschoss, mit Sitzgelegenheiten, an denen auch mal per freiem WLAN die neue Banking-App ausprobiert und erklärt werden kann.
Die zentrale Veränderung: aus bislang zwei abgeschlossenen Beratungszimmern fünf. Die Glaswände lassen Licht hindurch – die Gespräche, die dort stattfinden, sind jedoch vor neugierigen Blicken verborgen. „Wir wollten mehr Diskretion schaffen“, erklärt Achim Krist. „Heute wollen die Kunden lieber hinter verschlossenen Türen mit ihrem Berater sprechen als nur hinter einem Wandschirm.“Das Beratungsgeschäft sei das, was für die Kunden immer wichtig bleiben werde, sagt Krist, der Digitalisierung zum Trotz. Natürlich geht auch an der Raiffeisenbank Ichenhausen die Digitalisierung nicht vorüber. Moderne UnterschriftenPads liegen auf den in Holzoptik gehaltenen Beraterpulten in der Schalterhalle, die über ihren Metallsockeln zu schweben scheinen. Einrichtungen wie diese machen viel Papier überflüssig, auch wenn die Bank weit entfernt sei vom papierlosen Büro. Gezwungen werde der Kunde hier jedoch nicht, seine Bankgeschäfte ausschließlich digital auszuführen.
Bewusst hat die Raiffeisenbank Ichenhausen deswegen auch nach dem Umbau einen Kassenbereich, in dem auch Bargeld in haushaltsüblichen Mengen angenommen wird. Verdienen kann die Bank daran nichts, betonen die beiden Vorstände, auch wenn Firmenkunden mittlerweile eine kleine Gebühr dafür bezahlen, dort ihre Münzen abzugeben. Sie sehen aber auch dieses Angebot als wichtigen Aspekt der Kundenbindung. Und tatsächlich laufen während des Gesprächs mit unserer Zeitung Kunden zielstrebig an den Geldautomaten vorbei und stellen sich an der Kasse an, um Geld abzuheben.
Mit ihrem Konzept der Offenheit für die Kunden positioniert sich die Raiffeisenbank Ichenhausen ganz klar als selbstständig. Eine Fusion, wie sie Genossenschaftsbanken und Sparkassen ringsum vollzogen haben, kommt auf absehbare Zeit nicht infrage. „Wir sehen uns im Kundenbereich sehr gut positioniert, um noch viele Jahr selbstständig zu bleiben“, sagt Achim Krist. Die Frage nach einer möglichen Fusion würden Bewerber bei Vorstellungsgesprächen immer als Erstes stellen, verraten die beiden Chefs. Der Umbau und die damit verbundene Philosophie, den Kunden ins Haus zu holen und ihm nur das zu verkaufen, was er auch tatsächlich will, sieht Achim Krist auch als wichtiges Instrument bei der Mitarbeitergewinnung. Bei der Raiffeisenbank Ichenhausen sollen sich die Kunden wohlfühlen – und dazu trägt auch das Wohlergehen der knapp 50 Mitarbeiter bei.
Am kommenden Montagabend wird die neue Schalterhalle mit einem kleinen Festakt eingeweiht – in Betrieb ist sie bereits seit Oktober. Nächstes Jahr geht es dann im Obergeschoss mit einer kleinen Baumaßnahme weiter: Auch da soll nämlich nach 20 Jahren der Teppich ausgetauscht werden.