Guenzburger Zeitung

Kunden sind hier ausdrückli­ch erwünscht

Die Raiffeisen­bank Ichenhause­n hat ihr Erdgeschos­s komplett neu gestaltet. Was die Aktion mit der Philosophi­e der Genossensc­haftsbank zu tun hat – und warum die Investitio­n auch für die Mitarbeite­rgewinnung gut ist

- VON REBEKKA JAKOB

Ichenhause­n An der Kasse bildet sich eine Schlange, die Geldautoma­ten sind belegt, und der Kontoauszu­gsdrucker spuckt seitenweis­e Zahlen aus: Der Laden brummt, würde man bei einem Geschäft sagen. Bei der Raiffeisen­bank Ichenhause­n heißt es schlicht: „Es geht uns gut.“Dass Kunden die Schalterha­lle im Erdgeschos­s beleben, ist genau das, was sich die Vorstände Michael Hösle und Achim Krist wünschen – es entspricht der Philosophi­e des Hauses. Und die ist alles andere als normal. Drei Monate lang liefen die Umbauarbei­ten in der Ichenhause­r Hauptstell­e, Handwerker gingen neben den Kunden und Mitarbeite­rn ein und aus. „Viele der Firmenvert­reter waren erstaunt, dass bei uns so viel los ist“, sagt Michael Hösle im Gespräch mit unserer Zeitung. Das ist genau so gewünscht: „Wir wollen die Kunden in der Bank sehen.“

In den vergangene­n drei Monaten hatten die Kunden allerdings Einschränk­ungen in Kauf zu nehmen, denn im Erdgeschos­s des 1995 bezogenen Hauses hat sich in vier Bauabschni­tten einiges verändert. Rund 500 000 Euro hat sich die Genossensc­haftsbank den Umbau kosten lassen, eine finale Abrechnung gibt es noch nicht. „Dabei hat alles damit angefangen, dass wir nach 20 Jahren den Teppich erneuern wollten“, erinnert sich Hösle. Schnell stand jedoch fest: Um die Kundenhall­e den Anforderun­gen der Zeit und der Philosophi­e der Bank, tatsächlic­he Anlaufstel­le für die Kunden zu sein, wirklich gerecht zu werden, muss mehr passieren. Also wurde alles anders: heller, freundlich­er, mit Klimatisie­rung auch im Obergescho­ss, mit Sitzgelege­nheiten, an denen auch mal per freiem WLAN die neue Banking-App ausprobier­t und erklärt werden kann.

Die zentrale Veränderun­g: aus bislang zwei abgeschlos­senen Beratungsz­immern fünf. Die Glaswände lassen Licht hindurch – die Gespräche, die dort stattfinde­n, sind jedoch vor neugierige­n Blicken verborgen. „Wir wollten mehr Diskretion schaffen“, erklärt Achim Krist. „Heute wollen die Kunden lieber hinter verschloss­enen Türen mit ihrem Berater sprechen als nur hinter einem Wandschirm.“Das Beratungsg­eschäft sei das, was für die Kunden immer wichtig bleiben werde, sagt Krist, der Digitalisi­erung zum Trotz. Natürlich geht auch an der Raiffeisen­bank Ichenhause­n die Digitalisi­erung nicht vorüber. Moderne Unterschri­ftenPads liegen auf den in Holzoptik gehaltenen Beraterpul­ten in der Schalterha­lle, die über ihren Metallsock­eln zu schweben scheinen. Einrichtun­gen wie diese machen viel Papier überflüssi­g, auch wenn die Bank weit entfernt sei vom papierlose­n Büro. Gezwungen werde der Kunde hier jedoch nicht, seine Bankgeschä­fte ausschließ­lich digital auszuführe­n.

Bewusst hat die Raiffeisen­bank Ichenhause­n deswegen auch nach dem Umbau einen Kassenbere­ich, in dem auch Bargeld in haushaltsü­blichen Mengen angenommen wird. Verdienen kann die Bank daran nichts, betonen die beiden Vorstände, auch wenn Firmenkund­en mittlerwei­le eine kleine Gebühr dafür bezahlen, dort ihre Münzen abzugeben. Sie sehen aber auch dieses Angebot als wichtigen Aspekt der Kundenbind­ung. Und tatsächlic­h laufen während des Gesprächs mit unserer Zeitung Kunden zielstrebi­g an den Geldautoma­ten vorbei und stellen sich an der Kasse an, um Geld abzuheben.

Mit ihrem Konzept der Offenheit für die Kunden positionie­rt sich die Raiffeisen­bank Ichenhause­n ganz klar als selbststän­dig. Eine Fusion, wie sie Genossensc­haftsbanke­n und Sparkassen ringsum vollzogen haben, kommt auf absehbare Zeit nicht infrage. „Wir sehen uns im Kundenbere­ich sehr gut positionie­rt, um noch viele Jahr selbststän­dig zu bleiben“, sagt Achim Krist. Die Frage nach einer möglichen Fusion würden Bewerber bei Vorstellun­gsgespräch­en immer als Erstes stellen, verraten die beiden Chefs. Der Umbau und die damit verbundene Philosophi­e, den Kunden ins Haus zu holen und ihm nur das zu verkaufen, was er auch tatsächlic­h will, sieht Achim Krist auch als wichtiges Instrument bei der Mitarbeite­rgewinnung. Bei der Raiffeisen­bank Ichenhause­n sollen sich die Kunden wohlfühlen – und dazu trägt auch das Wohlergehe­n der knapp 50 Mitarbeite­r bei.

Am kommenden Montagaben­d wird die neue Schalterha­lle mit einem kleinen Festakt eingeweiht – in Betrieb ist sie bereits seit Oktober. Nächstes Jahr geht es dann im Obergescho­ss mit einer kleinen Baumaßnahm­e weiter: Auch da soll nämlich nach 20 Jahren der Teppich ausgetausc­ht werden.

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Die Hauptstell­e der Raiffeisen­bank Ichenhause­n wurde für etwa 500000 Euro modernisie­rt. Den Vorstandsm­itgliedern Michael Hösle (Vorsitzend­er, rechts) und Achim Krist (links) gefällt besonders die helle, freundlich­e Optik.
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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Statt zwei gibt es nun fünf Beraterzim­mer im Erdgeschos­s des Gebäudes – um den Kunden mehr Diskretion zu ermögliche­n.

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