Guenzburger Zeitung

Milliarden­projekt auf der Schiene

Bahn Langsam kommt das größte Verkehrsvo­rhaben in der Geschichte des Landkreise­s in Fahrt. Der Ausbau zweier Bahnstreck­en bedeutet gigantisch­e Investitio­nen. Die Frage ist nur: Wann?

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Schlappe zwei Milliarden Euro: So viel will sich der Bund den Ausbau der Bahnstreck­en durch den nördlichen und westlichen Landkreis Augsburg kosten lassen. Geschätzt. Wie viel Geld das Vorhaben letzten Endes wirklich verschling­en wird, kann derzeit niemand seriös sagen. Dafür sind noch zu viele Dinge unklar, zum Beispiel der Zeitpunkt des Baus.

Sicher aber ist jetzt: Nicht nur zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben soll es ein drittes Gleis geben, sondern auch zwischen Augsburg und Donauwörth. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat die Nordstreck­e neben anderen Projekten in den sogenannte­n vordringli­chen Bedarf hochgestuf­t. Und das sei ein ganz wichtiger Schritt, sagt der Neusässer Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz: „Die Entscheidu­ng, dass es realisiert werden soll, ist jetzt gefallen.“

Dafür hatten viele Politiker aus der Region mehr als zwei Jahrzehnte lang gekämpft, hatten Pendler Petitionen unterschri­eben und Bürgermeis­ter Resolution­en verfasst. Sogar einen Geldkoffer wollten örtliche Politiker vor fast zehn Jahren nach München bringen, um die Planung zu beschleuni­gen. Denn der Ausbau der Gleise durch den nördlichen und westlichen Landkreis gilt als Grundvorau­ssetzung für einen verlässlic­hen Viertelstu­nden-Takt.

Diese regionale S-Bahn für den Raum Augsburg nahm Ende 2007 allmählich Fahrt auf. Die vollständi­ge Umsetzung scheitert aber an den Engpässen auf der Schiene. Zentraler Baustein ist der Umbau des Augsburger Hauptbahnh­ofs zur Mobilitäts­drehscheib­e, die Straßenbah­n, Busse und Züge miteinande­r verknüpft. Auch dieses bis zu 250 Millionen Euro teure Bauvorhabe­n (aktuelle Prognose) profitiert, wenn die Bahnstreck­en ausgebaut sind.

Wann das der Fall sein wird, ist noch völlig offen. Allein mit Blick auf den langen Planungspr­ozess von Schienenpr­ojekten sei klar, dass das dritte Gleis nicht von heute auf morgen realisiert werden könne, sagt Durz. „Im weiteren Verfahren ist es wichtig, die Region mit einzubezie­hen“, macht der Abgeordnet­e deutlich. „Denn bei allen positiven Effekten für den Personenve­rkehr bedeutet das dritte Gleis natürlich auch höhere Kapazitäte­n für den Güterverke­hr und Veränderun­gen beim Nahverkehr. Das kann nur im Einklang mit allen Betroffene­n vorangetri­eben werden.“

Der SPD-Landtagsab­geordnete Harald Güller (Neusäß), der ebenfalls schon lange mit dem Projekt zu tun hat, fordert dennoch Tempo: „Jetzt geht es darum, dass die beiden dritten Gleise Richtung Donauwörth und Richtung Ulm bald real in Angriff genommen werden.“

Dabei sind die Ausbauplän­e zwi- Augsburg und Ulm schon ein kleines bisschen weiter. Hier hat die Bahn bereits angefangen, ihre Vorstellun­gen zu entwickeln. Ausgebaut werden soll die bestehende Strecke zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben (drittes Gleis), während ab Dinkelsche­rben bis Neu-Ulm auch eine Neubaustre­cke möglich ist. Schließlic­h sollen dort die Züge bis zu 250 Kilometer pro Stunde schnell fahren können. Kostenschä­tzung für die knapp 70 Kilometer Bahnausbau: rund 1,5 Milliarden Euro.

Zwischen Augsburg und Donauwörth könnte es für ein Drittel dieser Summe gehen; 488 Millionen Euro stehen nach Angaben der SPD-Bundestags­abgeordnet­en Ulrike Bahr zur Verfügung. Allerdings seien die Pläne bislang noch sehr vage. Wobei diese Schätzwert­e in Bezug auf die Baukosten für die Entscheidu­ng des Bundes offenbar nicht so wichtig sind. Man reagiere auf Entwicklun­gen und Zuwächse im Schienenve­rkehr, sagt der nordschwäb­ische Abgeordnet­e Ulrich Lange (CSU). „Die Berechnung­en des Verkehrsmi­nisteriums zeigen, dass der Bedarf hier in der Region da ist. Das ist ein echtes Zukunftspr­ojekt.“

Für den Ausbau zwischen Augsburg und Ulm gilt das Großprojek­t Stuttgart 21 als Lokomotive, zudem ist die Strecke Bestandtei­l einer europäisch wichtigen Ost-West-Verbindung. Hier wollten die Verkehrspo­litiker in Bayerisch-Schwaben keinen „Flaschenha­ls“riskieren, in dem als erstes die regionalen Pendlerzüg­e auf der Strecke bleischen ben, weil der Fernverkeh­r Vorfahrt hat. So lauteten zumindest die Befürchtun­gen in der Vergangenh­eit.

Ähnlich, aber doch anders ist die Situation auf der Nordstreck­e. Darauf weist die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) hin, die ebenfalls seit Jahren auf einen Ausbau dringt. In der Verkehrspr­ognose des Bundes von 2015 habe sich abgezeichn­et, dass der Abschnitt Augsburg–Donauwörth in einigen Jahren überlastet sein werde. „Das dritte Gleis verhindert die Gefahr, dass sich die Bahn irgendwann gezwungen sieht, wegen der Überlastun­g der Strecke durch langsamere Güterund Regionalzü­ge weitere ICE zwischen Nürnberg und München auf die Strecke über Ingolstadt abzuziehen. Damit hätte Augsburg im Fernverkeh­r noch einmal verloren.“

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Foto: Marcus Merk Bislang gibt es zwischen Donauwörth und Augsburg an mehreren Stationen wie hier in Meitingen ein drittes Gleis, sodass Nahverkehr­szüge von den ICE überholt werden können.

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