Niemand stoppt das Paket zu einem Betrüger
Eine Lauingerin ist auf einen Schwindler hereingefallen und hat die Spielkonsole ihres siebenjährigen Sohnes über Günzburg nach London geschickt. Warum die Post die Sendung nicht zurückholen kann
Lauingen Michaela Dikiakos ist sauer – ein wenig auf sich selbst und noch viel mehr auf den Paketdienst DHL der Deutschen Post. Am Montagnachmittag hat die Lauingerin in einem Getränkemarkt in der Albertus-Magnus-Stadt ein Päckchen nach England aufgegeben. Darin liegt die Spielkonsole ihres siebenjährigen Sohnes Theo, denn ihr Bub wünscht sich zu Weihnachten eine neue. „Und zwei Spielkonsolen wollte ich nicht im Haus haben“, sagt die Lauingerin. Deshalb gab sie im Onlineportal Ebay eine Kleinanzeige auf, erhielt von einem Käufer aus Großbritannien eine SMS und wickelte schließlich über E-Mail das Geschäft ab. 300 Euro wollte der Interessent aus London bezahlen. Und als Michaela Dikiakos vermeintlich vom Online-Bezahldienst Paypal eine E-Mail erhalten hatte, dass die Geldüberweisung angewiesen sei, schickte sie am Montagnachmittag um 14.42 Uhr das Paket nach Großbritannien ab.
Wenig später schöpfte die Lauingerin aber Verdacht. „Mir kam das plötzlich alles ein wenig komisch vor.“Und als sie sich die angebliche E-Mail von Paypal genauer anschaute und im Internet recherchierte, war der 45-Jährigen auf einmal klar: „Ich bin auf einen Betrü- ger hereingefallen.“Deshalb ärgert sich die Lauingerin ein wenig über sich selbst. Richtig enttäuscht ist Dikiakos aber über den Paketdienst DHL, denn die Lauingerin setzte alle Hebel in Bewegung, um das Paket auf dem Weg zum Betrüger noch zu stoppen. Sie fuhr zum Getränkemarkt, dort war das Paket schon weg – auf dem Weg zum DHL-Frachtzentrum in Günzburg. Der Fahrer, so hieß es, verstehe kein Deutsch, sie möge doch die Kundenhotline anrufen. Michaela Dikiakos tat das vier Mal. „Dort erhielt ich die Auskunft, dass man ein privates Paket nicht stoppen kann.“Dies gehe nur für Gewerbekunden. Die Lauingerin erstattete Anzeige bei der Polizei, die sehr freundlich gewesen sei, aber auf den Anruf bei der Hotline hin dieselbe Auskunft bekommen habe, dass das Paket nicht zu stoppen sei. „Ich wollte das Paket im Frachtzentrum in Günzburg abholen, aber das war nicht möglich“, sagt die Lauingerin frustriert. Den letzten Versuch startet die 45-Jährige, indem sie unsere Re- daktion kontaktierte. „Vielleicht reagiert DHL, wenn so etwas in der Zeitung steht?“
Auf die Anfrage unserer Zeitung reagiert Gerold Beck, Sprecher der Deutsche Post DHL Group in München. „Mir tut das wirklich leid für Frau Dikiakos, aber wir können das Paket beim besten Willen nicht mehr zurückholen“, sagt Beck. Er hat den Weg der Sendung mit der Nummer CY413294896DE nachverfolgt. Mit dem Ergebnis, dass die Spielkonsole bereits am Mittwoch im Container nach Großbritannien unterwegs war. Wegen der allgemeinen Geschäftsbedingungen sei es gar nicht möglich, die Sendung zu stoppen, informiert der Sprecher und zitiert aus dem Regelwerk: „Eine Kündigung durch den Absender nach Übergang der Pakete in die Obhut der Deutschen Post ist ausgeschlossen.“Beck erklärt den Sinn dieser Regelung. In bestimmten Versandkonditionen der Onlinehändler sei der übermittelte Einlieferungsbeleg zu einem Paket bereits der Auslöser für die Überweisung des Rechnungsbetrages. „Viele Händler und Käufer wissen, dass der Absender das Paket auf halbem Weg nicht wieder zurückholt“, erklärt Beck. Ein zweiter Grund liegt nach Worten des Sprechers in dem großen Aufwand, den die Suche nach einem Paket mit sich brächte. DHL bewege täglich etwa vier Millionen Pakete. Sendungen aus dem und in den Landkreis Dillingen laufen alle über das Frachtzentrum in Günzburg. „Wir müssten aus Tausenden Sendungen ein Paket heraussuchen“, erläutert Beck. Allein in Günzburg werden pro Stunde bis zu 32000 Pakete sortiert und verladen.
Vermutlich hat die Royal Mail das Paket inzwischen an den Betrüger in London ausgeliefert. Und Michaela Dikiakos muss die Suche nach der Spielkonsole aufgeben. Sie kritisiert den Paketdienst DHL, weil er nicht sonderlich kundenfreundlich sei und sich auf allgemeine Geschäftsbedingungen rausrede. Und sie glaubt, dass das Paket längst wieder bei ihr wäre, wenn das Unternehmen gleich am Montag richtig reagiert hätte. „Mein Sohn Theo ist sehr traurig“, sagt Dikiakos. Der Siebenjährige wollte ja mit dem Geld an Weihnachten zu einer neuen Spielkonsole kommen. Jetzt wird in diesem Fall wohl die Mama einspringen müssen.
„Vielleicht reagiert DHL, wenn so etwas in der Zeitung steht.“
Michaela Dikiakos