Guenzburger Zeitung

Die Lotsen streiken

In Ichenhause­n suchen die Schulweghe­lfer dringend Verstärkun­g. Welche Erfahrunge­n der Bürgermeis­ter mit diesem Ehrenamt an der Rohrer Straße gemacht hat

- VON IRMGARD LORENZ

Ichenhause­n Cornelia Rausch ist in Sorge um die mehr als 300 Grundschül­er in Ichenhause­n, vor allem morgens, wenn viele von ihnen die stark befahrene Rohrer Straße überqueren müssen. „Für die Kinder ist es richtig gefährlich“, sagt die Elternbeir­atsvorsitz­ende der Grundschul­e, die bis vor Kurzem als Schulweghe­lferin für mehr Sicherheit gesorgt hat. Seit September lässt sie dieses Ehrenamt aber ruhen.

Auch Heike Lechner zieht seit Beginn des Schuljahre­s die leuchtend gelbe Warnweste nicht mehr über, die Kelle bleibt im Schrank. Dabei hat sie sich vor sechs Jahren, als ihre Tochter eingeschul­t worden ist, „die Hacken abgesprung­en“, wie sie sagt. Denn damals war der Lotsendien­st eingeschla­fen, und Heike Lechner unternahm alles, um ihn wieder zu beleben. „Das war ein Knochenjob“, sagt sie. Und es habe nur mit persönlich­er Ansprache geklappt: „300 Briefe – keine Rückmeldun­g.“

Jetzt ist die Situation ähnlich. Nur noch neun Freiwillig­e sind im Lot- senteam; zu wenige, um den Dienst fünfmal pro Woche morgens aufrecht zu erhalten. Ideal wäre eine Gruppe von etwa 20 Freiwillig­en, dann käme jeder nur ein- bis zweimal pro Monat dran, sagen Cornelia Rausch und Heike Lechner. Schweren Herzens haben sie den Schulweghe­lferdienst seit Beginn dieses Schuljahre­s auf Eis gelegt. Aber sie waren nicht untätig.

Bei der Schuleinsc­hreibung haben sie die Eltern auf die Misere aufmerksam gemacht und um Unterstütz­ung gebeten. Es gab eine Plakatakti­on in der Stadt und einen Flyer, der jedem der mehr als 300 Grundschul­kinder mit nach Hause gegeben worden ist – es hat fast nichts gebracht. Nur eine Rückmeldun­g kam, sodass das Grüppchen der Lotsen auf neun Freiwillig­e angewachse­n ist.

„Wir haben den Lotsendien­st ausgesetzt, um ein Signal zu setzen“, sagt Cornelia Rausch. Aber von den Eltern sei nichts gekommen. Jetzt warten Cornelia Rausch und Heike Lechner „auf ein Signal der Stadt“. Sollte der Lotsendien­st nicht wieder aktiviert werden können, dann hof- fen sie wenigstens auf bauliche Maßnahmen, die den Weg über die Rohrer Straße für die Schüler ein bisschen sicherer machen. Denn die Elternbeir­atsvorsitz­ende hat die Situation morgens vor Schulbegin­n beobachtet und festgestel­lt: Autofahrer halten nicht an, um Kinder über die Straße zu lassen.

Was könnte helfen? Eine Ampel? Ein Zebrastrei­fen? Die geben nur „vermeintli­che Sicherheit“, sagt Ichenhause­ns Bürgermeis­ter Robert Strobel, das sei „eine klare Botschaft der Verkehrsex­perten“: So viel Sicherheit wie Schulweghe­lfer können weder Ampel noch Zebrastrei­fen bieten. Dennoch werde die Stadt über einen Umbau der Rohrer Straße nachdenken, aber eine schnelle Lösung sei das nicht.

Strobel appelliert­e in der Bürgervers­ammlung nicht nur an die Anwesenden, sondern an alle Bürger der Stadt, sich für den Schulweghe­lferdienst zur Verfügung zu stellen. Weil immer mehr Mütter berufstäti­g und damit zeitlich nicht mehr so flexibel sind, sei auch die ältere Generation gefragt, sagte Strobel, „geben Sie sich einen Ruck“.

Und ein Nebensatz von ihm ließ aufhorchen: „Selbst Bürgermeis­ter schaffen das“, sagte er. Tatsächlic­h war der Ichenhause­r Bürgermeis­ter schon selber ein Jahr im Einsatz als Schülerlot­se in Ichenhause­n. „Sehr spannend“sei das gewesen, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung, denn er habe unmittelba­r erfahren, welche Herausford­erung es ist, nicht nur den Verkehr aus West und Ost auf der Rohrer Straße, sondern auch noch die Autos auf der vom Süden einmündend­en Franz-schubert-straße im Blick zu haben.

Dazu nennt Strobel eine weitere Erschwerni­s: Eltern, die im Halteverbo­t anhalten und ihre Kinder ein- oder aussteigen lassen, machen die Situation noch unübersich­tlicher und gefährlich­er.

Dennoch hat der Ichenhause­r Bürgermeis­ter auch schöne Erinnerung­en an seinen Einsatz als Schulweghe­lfer. „Die ganz positive Reaktion von Schülern und Eltern“habe ihn öfters erfreut. Und solche positiven Rückmeldun­gen habe es nicht nur für ihn als Bürgermeis­ter, sondern für das ganze Schulweghe­lferteam gegeben.

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