Wie der Erfolg der Fünf Sterne verglüht
Die Partei des Komikers Beppe Grillo droht sich zwischen Rechtspopulisten und ihren idealistischen Zielen zu zerreiben
Rom In Italien ist derzeit ein Schauspiel zu beobachten mit dem Titel: die politische Entzauberung der Fünf-Sterne-Bewegung. 2009 wurde sie vom Komiker Beppe Grillo gegründet, bei den Parlamentswahlen im Frühjahr mit knapp 33 Prozent der Stimmen von den italienischen Wählern zur neuen, bestimmenden politischen Kraft im Land gekürt. Seit Juni sind die „Grillini“mit der rechtsnationalen Lega an der Regierung. Die Lega stieg mit ihrem Parteichef Matteo Salvini als Juniorpartner in das Bündnis ein und gibt mit ihrer scharfen Ausländerpolitik längst den Ton in Rom vor.
Premierminister Giuseppe Conte, ein Juraprofessor, kämpft seit seinem Amtsantritt um Autorität, aber auch Fünf-Sterne-Parteichef und Arbeitsminister Luigi Di Maio geht es nicht anders. Denn die jüngsten politischen Entscheidungen der ebenso populistischen wie ursprünglich idealistischen Fünf-Sterne-Bewegung lesen sich wie ein Sammelsurium an Misserfolgen. Manche sprechen sogar von Verrat an den Wählern. Unter denen sind viele Protestwähler, von rechts und von links. Und nicht zuletzt gaben auch zahlreiche Wähler, die endlich dem Eintreten für Legalität und Umweltschutz in Italien zu Gehör verhelfen wollten und von den herkömmlichen Parteien enttäuscht waren, den Fünf Sternen ihre Stimme und sind nun besonders verbittert.
Ein von den „Grillini“gefordertes Gesetz, mit dem die kurzen Verjährungsfristen in Italien gestoppt werden sollten, tritt nun frühestens im Jahr 2020 in Kraft und würde dann erst 2024 Wirkung entfalten. Die italienische Justiz ist langsam, viele Straftäter, unter ihnen auch Ex-Premier Silvio Berlusconi, kamen wegen der großzügigen Verjährungsfristen davon. Doch nun hat die weiterhin mit Berlusconis Forza Italia flirtende Lega sich gegen die Grillini durchgesetzt.
Und auch im umstrittenen Haushaltsgesetz, wegen dem Italien ein Defizitverfahren der EU droht, ist neben der scharf kritisierten Neuverschuldung auch eine Steueramnestie enthalten. Nach den Plänen der rechtsnationalen Lega können Steuerhinterzieher bei Selbstanzeige mit milden Nachzahlungsforderungen rechnen, Bestrafungen aber müssen sie keine fürchten. Unmut erzeugt, dass die Fünf-SterneBewegung die Legalisierung unrechtmäßig errichteter Bauten auf der Insel Ischia vorantreibt. Auch Eigentümer illegaler Bauten, die bei einem Erdbeben 2017 beschädigt wurden, sollen staatliche Unterstützung bekommen.
Die rechtspopulistische Lega diktiert auch bei anderen Streitthemen ihre Agenda, während Fünf-SterneChef Di Maio eine Kröte nach der anderen schlucken muss, obwohl die Fünf Sterne bei der Wahl im März fast doppelt so viele Stimmen wie der kleinere Koalitionspartner erhielten. Ein Grund dafür ist vor allem, dass sich diese Kräfteverhältnisse in den Umfragen umgekehrt haben: Salvinis Lega liegt inzwischen bei etwa 35 Prozent, die „Grillini“kämen mit 28 Prozent auf Platz zwei. Vor allem aber schwächen sich die Sterne-Politiker selbst: Weil Mandatsträger der Partei nur für zwei Legislaturperioden amtieren dürfen, droht die Führungsriege im Fall von Neuwahlen auszuscheiden. Die Lega nutzt dagegen ihren großen Spielraum geschickt: Viele Landsleute sind mit der strikten Ausländerpolitik der Rechtspartei einverstanden. Der Innenminister blockierte nicht nur Hilfsschiffe im Mittelmeer, sondern erreichte auch die Reduzierung der staatlichen Zahlungen für Immigranten. Mit dem jüngsten Sicherheitsgesetz wird auch der „humanitäre Schutz“für Flüchtlinge abgeschafft. De facto sollen weniger Flüchtlinge in Italien das Bleiberecht erhalten.
Die „Grillini“kämpfen dagegen an allen Fronten mit ihrem eigenen Anhang, etwa beim Umweltschutz. Die einstigen Anhänger sind entsetzt, dass das Stahlwerk Ilva in Taranto, das für seinen Schadstoffausstoß berüchtigt ist, weiter betrieben wird, trotz gegenteiliger Versprechen im Wahlkampf. In Apulien verbrennen Aktivisten Fünf-Sterne-Fahnen und Fotos von Abgeordneten. Viele von ihnen sehen es, wie die Zeitung Il Fatto Quotidiano. Die Grillo-Bewegung sei inzwischen „eine Partei wie die anderen, die den Konsens mit falschen Versprechungen sucht“. russischen Präsidenten Wladimir Putin dieses Jahr nicht bereits drei Mal? Unterschrieb nicht die FPÖ eine Art Freundschaftsvertrag mit Putins Partei „Einiges Russland“? Hielt sich Wien nicht außergewöhnlich zurück, als es um die Verurteilung des Anschlags auf den übergelaufenen Agenten Sergej Skripal in Großbritannien ging? Jetzt scheint alles anders. Beide Botschafter wurden einbestellt, und Außenministerin Kneissl sagte ihren für Dezember geplanten Moskau-Besuch ab.
Die harsche Reaktion des kleinen Österreichs wird in Moskau durchaus wahrgenommen: Russlands Außenminister Sergej Lawrow ärgerte sich über die „Megafon-Diplomatie“, die sich der Westen angewöhnt habe. Österreich habe „auf sensationserhaschende Weise Informationen an Medien gespielt“. Gleichwohl wiegelt Putins wichtigster Minister ab: Über den konkreten Fall sei Moskau nichts bekannt.
Ein „befreundeter“Nachrichtendienst, angeblich der deutsche BND, hatte die Kollegen von Österreichs Heeresabwehramt vor einigen Wochen über den Fall informiert. In der darauf folgenden Konfrontation gestand der ehemalige Offizier, seit den neunziger Jahren den russischen Militärgeheimdienst GRU mit Informationen versorgt zu haben. Er nahm auch an Auslandseinsätzen teil und pflegte internationale Kontakte. Zuletzt arbeitete er im Verteidigungsministerium. Da er dort gut vernetzt war, habe er auch nach seiner Pensionierung weiter Informationen über Personal und Organisation geliefert.
Der kleine Koalitionspartner bestimmt längst die Politik