Guenzburger Zeitung

Aufstehen statt wegschauen

In Erinnerung an die Reichspogr­omnacht hält Rudolf Köppler eine emotionale Rede in Ichenhause­n

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Kurzweilig und authentisc­h zeigte David Hahn in seinem Vortrag „Life Design: Wie man (raus) kriegt, was man vom Leben will“mögliche Wege zur berufliche­n und privaten Zufriedenh­eit auf. Im Rahmen der Reihe Klostercam­pus – eine Zusammenar­beit des Klosters und des St.-Thomas-Gymnasiums Wettenhaus­en – gab der ehemalige Schüler des Gymnasiums einen beeindruck­enden Einblick, wie über das Akzeptiere­n eigener Schwächen Schritt für Schritt persönlich Wichtiges im Leben erreicht werden könne.

Der Referent, der 2011 in Wettenhaus­en Abitur gemacht hat, führte auf, wie er in jungen Jahren mit seinen eigenen Unsicherhe­iten umgegangen war und welche Auswirkung­en dies auf seine Umwelt und seinen Bildungswe­g hatte. Auch während seines Studiums an der TU München stand er einer ähnlichen Problemati­k gegenüber und erfuhr Bildung als wichtigen Schlüssel, um auf Augenhöhe kommunizie­ren zu können. Es sei das Ziel, so Hahn, sich eine Glaubwürdi­gkeit aufzubauen, mit der jeder Einzelne eine zielgerich­tete Wirkung erreiche.

Ebenso betonte er in seinem Vortrag immer wieder, dass besonders junge Menschen in Bezug auf das spätere Berufslebe­n viele Angebote ausprobier­en sollten, um sich auf diese Weise einen Grundstock vielfältig­en Wissens anzueignen. Besonders in jungen Jahren habe man dafür mehr Freiheitsg­rade und weniger Randbeding­ungen.

Im Anschluss präsentier­te Hahn der voll besetzten Studierstu­be des Klosters eine Schritt-für-SchrittAnl­eitung, um systematis­ch herauszufi­nden, was im Leben – beruflich oder privat – erreicht werden wolle. Dabei stand das Festmachen sogenannte­r Lebens-Hypothesen im Zentrum, anhand welcher sich jeder Mensch kritisch mit seinen persönlich­en Plänen auseinande­rsetzen müsse. Hahn machte auch deutlich, dass es sich lohnt, zusätzlich­e Kraft in essenziell­e Angelegenh­eiten zu investiere­n und seine eigenen Fähigkeite­n nicht zu unterschät­zen. Abschließe­nd appelliert­e er daran, an Schulen die Wertevermi­ttlung nicht zu vernachläs­sigen, da auch diese ein wichtiger Bestandtei­l lebensverä­ndernder Entscheidu­ngen sein könne. Persönlich habe er eigene Werte, Familie und Freunde sowie grundlegen­de Mitmenschl­ichkeit klar über seine Karriere gestellt. Er empfinde eine tiefe Dankbarkei­t seiner Familie, aber auch den Lehrern des St.-Thomas-Gymnasiums gegenüber. (zg) Bislang unbekannte Täter haben im Laufe des vergangene­n Wochenende­s offenbar mit einer Flex einen Zigaretten­automaten in der Ichenhause­r Straße in Ettenbeure­n geöffnet. Aus dem Automaten wurden laut Polizei alle Zigaretten­packungen entnommen. Der Wert der Beute wird vom Automatena­ufsteller mit etwa 150 Euro angegeben. Zeugen, die Beobachtun­gen zu Personen oder zu Flexgeräus­chen gemacht haben, möchten sich bei der Polizeiins­pektion Burgau unter Telefon 08222/96900 melden. (zg) Kätzchen mit Milch zum Erbrechen – weil sie fürchtete, sie könnten Gift verspeist haben. Den Tieren geht es gut. Natürlich könne Tieren etwas passieren, nicht zuletzt würden Katzen häufig Autos zum Opfer fallen. Das sei traurig, aber unvermeidb­ar. Doch dass jemand Tieren absichtlic­h Gift unterjubel­n wolle, was einen grausamen Tod herbeiführ­e, das verstehe sie nicht. „Das ist für mich Mord“, sagt die 56-Jährige.

Es sei nicht das erste Mal, dass einem ihrer Tiere etwas zustoße. Eines war mit einer glatten, geraden Wunde am Kopf nach Hause gekommen. Vogele vermutete einen Autounfall, doch die Tierärzte hätten gesagt, die Wunde stamme von einer Schaufel. Eine andere Katze sei getreten und schlimm verletzt worden, seitdem sei sie menschensc­heu. Nur noch Vogeles Tochter habe einen Zugang zu dem Tier. Ein vierjährig­er Kater der Familie brach auf der Treppe zum Haus zusammen und starb. Auch damals vermu-

Das Erwachen kam zu spät. Aus einem Schneeball war längst eine unaufhalts­ame Lawine geworden, wie der Schriftste­ller Erich Kästner einmal schrieb. „Wehret den neuen Anfängen“, forderte deshalb Rudolf Köppler in einer emotionale­n und aufrütteln­den Rede. Der frühere Günzburger Oberbürger­meister sprach am Sonntagabe­nd bei einer Gedenkfeie­r in der ehemaligen Synagoge in Ichenhause­n – in Erinnerung an die Reichspogr­omnacht vor 80 Jahren. Sie war der Beginn der millionenf­achen Verfolgung und Ermordung europäisch­er Juden.

Auch heute würden wieder Antisemiti­smus und Rassismus, Fremdenfei­ndlichkeit und der Hass auf Andersdenk­ende mehr oder minder offen propagiert. Dagegen gelte es aufzustehe­n, betonte Köppler. Und das rechtzeiti­g. „Wir wollen an das Unrecht erinnern“, erklärte Jürgen Pommer, der Dekan des evangelisc­hen Dekanats Neu-Ulm/Günzburg. Am 9. November 1938 waren mehr als 1400 Synagogen, Gebetsstub­en und andere Einrichtun­gen jüdischer Gemeinden in Deutschlan­d angezündet worden. Jüdische Friedhöfe, Geschäfte und Wohnungen waren verwüstet worden. Rund um diese Reichspogr­omnacht waren etwa 400 Menschen getötet, rund 30 000 verhaftet und in Konzentrat­ionslager verschlepp­t worden.

Die Volkswut habe sich spontan Bahn gebrochen, hatte die NaziPropag­anda verkündet. Der nicht sie eine Vergiftung. „Mir reicht es endgültig.“

Vogele hat sich häufig Katzen angenommen, die ausgesetzt oder schlecht behandelt worden waren. „Ich versuche, ihnen ein Paradies zu bieten. Und das ist es auch, wenn nicht diese Köder wären.“Am Donnerstag, am Abend nach dem Fund, fuhr Vogele nach der Arbeit zur Polizeiins­pektion Günzburg und erstatte Anzeige gegen Unbekannt. Zuvor hatte sie die Tierärzte des Veterinärw­esens am Landratsam­t Günzburg informiert. Ihre Katzen dürfen vorerst nur noch tagsüber nach draußen. selten hasserfüll­te Wutbürger heutiger Tage erinnert in fataler Weise an diese bewusst inszeniert­e und organisier­te Lüge vor 80 Jahren. Rudolf Köppler appelliert­e deshalb in seiner Rede an die Zivilgesel­lschaft, rechtsradi­kalen, rassistisc­hen, antisemiti­schen und antidemokr­atischen Tendenzen Einhalt zu gebieten. Allzu lange hätten die demokratis­chen Kräfte in der Weimarer Republik dem Treiben der Nationalso­zialisten zugeschaut, auch Vertreter der Kirchen, wie Dekan Pommer in einem Gebet ausführte, hätten weggeschau­t, statt aufzustehe­n.

Köpplers Rede war mehr als eine Erinnerung an Gewalt und Tyrannei, an Willkür und Rassenwahn, an die Ermordung von Millionen von

Polizei ermittelt wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz, sagt Stefan Müller, Leiter der Günzburger Polizeiins­pektion. Zu Verfahrens­details könne er sich aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht äußern. Die Polizei hatte um Zeugenhinw­eise gebeten. „Möglich wäre zum Beispiel, dass jemand Köder gegen Ratten auslegt, und diese an Haustiere gelangten.“Bisher habe sich niemand gemeldet.

Tiere haben einen geringeren rechtliche­n Stellenwer­t als Menschen. Auf die Frage, wie intensiv die Polizei bei Delikten gegen Tiere ermittle, sagt Müller: „Tiere genietete Menschen aus religiösen oder politische­n Gründen. Der Vater des AltOB war Ende April 1945, also wenige Tage vor Kriegsende, standrecht­lich erschossen worden. „Er gehörte zu den Opfern“, erklärte Köppler bewegt. Aus dem Volk der Dichter und Denker war ein Volk der Richter und Henker geworden.

Die Wunde des vielfachen Unrechts könne und dürfe sich nicht schließen, sagte Köppler weiter. Und die „Tendenz zum Wegschauen“dürfe sich nicht wiederhole­n. Viele Aufrechte hätten während des ßen einen besonderen Schutz im Sinne des Tierschutz­gesetzes. Hier ist ein Lebewesen zu Schaden gekommen. Das ist selbstvers­tändlich etwas anderes als eine beschädigt­e Parkbank.“Seit 2012 habe es neun Anzeigen im Zusammenha­ng mit Hunden und Katzen gegeben. In fünf Fällen ging es um Vergiftung­en, bei zweien um Tritte, ein Tier war in eine Falle geraten und eines überfahren worden. Für mehr als sechs Jahre sei das überschaub­ar, sagt Müller. „Von einer Häufung kann keine Rede sein.“

Der Sachbearbe­iter habe mit Dr. Franz Schmid, Leiter des VeterinärD­ie Dritten Reiches ihre jüdischen Freunde und Nachbarn versteckt und so vor dem sicheren Tod bewahrt. Das habe höchsten Mut erfordert. Heute sei es vergleichs­weise leicht, sich schützend vor Minderheit­en zu stellen. „Es braucht nur ein bisschen Zivilcoura­ge.“Das aber zwingend. Bevor es neuerlich zu spät sei.

Veranstalt­et wurde die Gedenkstun­de von der Arbeitsgem­einschaft „Gegen das Vergessen“– ein Bündnis von DGB, der Katholisch­en Arbeitnehm­er-Bewegung, dem evangelisc­hen Dekanat und der Gesellscha­ft für christlich­e-jüdische Zusammenar­beit. Musikalisc­h umrahmt wurde der Abend in der nahezu voll besetzten Synagoge vom wesens am Landratsam­t, gesprochen. Man gehe davon aus, dass es sich bei der Substanz um Rattengift, Schneckenk­orn oder den Düngestoff Blaukorn handle, sagt Müller. Während Rattengift bei Katzen in kleineren Dosen zum Tod führe, sei bei den anderen beiden nur der Verzehr größerer Mengen lebensgefä­hrlich. Die Polizei schicke die Probe an ein Fachinstit­ut. Saxofon-Quartett Sax4 aus Obergünzbu­rg. Schülerinn­en und Schüler der 10. Klasse des Kollegs der Schulbrüde­r in Illertisse­n lasen zusammen mit ihrem Schulpfarr­er Marcus Reichel Passagen aus dem Buch „Die lange Reise des Jakob Stern“von Rainer M. Schröder. Auf seiner Flucht aus Nazi-Deutschlan­d gelangte der junge Jakob über Holland und England nach Australien – er erfuhr im Ausland Mitmenschl­ichkeit, Ausgrenzun­g und Antisemiti­smus gleicherma­ßen.

Der Abend stand unter einem Zitat von Max Mannheimer, einem Überlebend­en des Holocaust. „Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwort­lich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“

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