Guenzburger Zeitung

Die „Schweiz-Connection“der AfD

Hintergrun­d Fraktionsc­hefin Alice Weidel erhielt 132 000 Euro für ihren Wahlkampf. Es ist nicht das erste Mal, dass Geld aus dem Nachbarlan­d in die Kassen der Partei floss

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die Wahlplakat­e sahen aus, wie Wahlplakat­e der AfD schon seit Jahren aussehen: Weiße Schrift auf hellblauem Hintergrun­d. Dazu das Logo der AfD mit dem roten Pfeil darunter. Und Parolen wie „Islamisier­ung stoppen“oder „Endlich konsequent abschieben“in großen Lettern. Doch die Plakate, die im Landtagswa­hlkampf in Bayern an Laternenpf­ählen oder Plakatwänd­en hingen, waren gar keine Plakate der AfD, jedenfalls keine offizielle­n. Lediglich der Hinweis „www.rechtundfr­eiheit.de“am linken unteren Eck deutete darauf hin, dass der Urheber ein anderer ist – der umstritten­e „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaa­tlichkeit und der bürgerlich­en Freiheiten“mit Sitz in Stuttgart-Degerloch, der auch die rechtskons­ervative Wochenzeit­ung Deutschlan­d-Kurier herausgibt, die ebenfalls im bayerische­n Wahlkampf kostenlos verteilt wurde.

Es war nicht das erste Mal, dass der Verein – angeblich auf eigene Rechnung und ohne Wissen wie Zustimmung der AfD – Wahlwerbun­g für die nationalko­nservative Partei machte. Seit 2016 finanziert der Verein mit eigenem Geld Plakate, Anzeigen sowie Internetka­mpagnen und verteilt seine Zeitung in Millionena­uflage. Doch möglicherw­eise war es das letzte Mal. Denn bei dem massiven Einsatz des Vereins könnte es sich um eine unerlaubte Parteienfi­nanzierung und somit um einen Verstoß gegen das Parteienge­setz handeln. Und das dürfte für die noch junge Partei am Ende sogar existenzbe­drohend werden.

Nachdem am Wochenende bekannt geworden war, dass AfDFraktio­nschefin Alice Weidel im vergangene­n Jahr eine illegale Wahlkampfs­pende aus der Schweiz in Höhe von 132 000 Euro in 18 Einzelspen­den erhalten hatte, forderte unter anderem Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki (FDP) oder der SPD-Haushaltse­xperte Johannes Kahrs Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) auf, das gesamte Finanzgeba­ren der AfD genau zu untersuche­n und die Finanzströ­me der AfD zu durchleuch­ten. Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz ist bereits aktiv geworden (siehe eigenen Text auf dieser Seite).

Nach Schätzunge­n der unabhängig­en Organisati­on „Lobbycontr­ol“hat allein der Stuttgarte­r AfD-Unterstütz­erverein „zur Erhaltung der Rechtsstaa­tlichkeit und der bürgerlich­en Freiheiten“die Partei mit Werbemaßna­hmen in einem Umfang von mehr als zehn Millionen Euro unterstütz­t. Zwar beteuern AfD-Chef Jörg Meuthen und andere Spitzenfun­ktionäre der Partei auf Nachfrage immer wieder, mit dem Verein und seinem Vorsitzend­en David Bendels nichts zu tun zu haben und auch nicht mit ihm zu kooperiere­n, weswegen die Wahlkampfh­ilfe auch nicht im offizielle­n Rechenscha­ftsbericht der AfD auftaucht. „Wir haben mit diesem Verein für Rechtsstaa­tlichkeit nie zusammenge­arbeitet“, sagte Meuthen zuletzt im August, er habe „von sich aus“die Wahlkampfu­nterstützu­ng vorgenomme­n. Doch eine Vielzahl von internen Mails, die mittlerwei­le von Medien veröffentl­icht wurden, belegen, dass es sehr wohl enge Kontakte zwischen der AfD und dem Verein gab. Offenbar um das Schlimmste zu verhindern, forderte die AfD im bayerische­n Landtagswa­hlkampf den Verein mit einer Unterlassu­ngsklage auf, das Logo und das Corporate Design der AfD nicht mehr zu nutzen. Bekanntlic­h ohne Folgen – denn die Plakatkamp­agne

Was hat die AfD mit einem Stuttgarte­r Verein zu tun?

in Bayern wurde nicht vom Verein selber durchgefüh­rt, sondern vom Deutschlan­d-Kurier, dessen Chefredakt­eur ebenfalls David Bendels ist und in dessen Impressum zahlreiche AfD-Politiker als „Autoren“aufgeführt werden.

Zudem ermittelt die Bundestags­verwaltung längst in einem anderen Fall gegen die AfD und ihren Vorsitzend­en Meuthen – es geht um zwei illegale Spenden der Schweizer PR-Firma Goal AG für Meuthen im baden-württember­gischen Landtagswa­hlkampf in Höhe von rund 5300 Euro. Im August überwies die AfD diesen Betrag an die Bundeskass­e, allerdings, wie ein Sprecher der Bundestags­verwaltung sagte, nur „rein vorsorglic­h“und „ohne Anerkennun­g einer rechtliche­n Schuld“.

Die besondere Brisanz des Falles: Die Goal AG könne auch der bislang unbekannte Großfinanz­ier sein, der hinter den millionens­chweren Werbekampa­gnen des Stuttgarte­r AfDUnterst­ützerverei­ns steht. So würde sich der Kreis schließen. Der Bundesscha­tzmeister der Linken, Harald Wolf, spricht denn auch von der „Schweiz-Connection der AfD“. Es sei „höchste Zeit“, das zu untersuche­n.

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Foto: Christian Charisius, dpa In Schwarz-Rot-Gold gehalten: eine Spendenton­ne der AfD – entdeckt auf einer Kundgebung der Partei in Mecklenbur­g-Vorpommern.

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