Guenzburger Zeitung

Macht Instagram süchtig?

Medien Um uns bei der Stange zu halten, verwenden soziale Medien Tricks. Eine K!ar.Texterin hat nachgefors­cht

- VON ISABEL SCHIMMER

Das Warten auf den Bus ist wieder unglaublic­h langweilig – also schnell das Handy zücken und InstagramP­osts checken. Hat die Lieblingsb­and endlich die Tourdaten bekannt gegeben? Gibt es aktuelle Bilder vom Baby der Influencer­in Bibi und ihrem Mann? Ach ja, die neueste Story von Kylie Jenner ist auch online ... Scheint alles ziemlich wichtig. Aber auch wirklich notwendig?

Heutzutage nutzt mehr als eine Milliarde Menschen aktiv Instagram. Täglich werden über 60 Millionen Fotos hochgelade­n und 3,5 Milliarden Likes verteilt. Unvorstell­bar? Irgendwie müssen die vielen Instagram-Nutzer ja zufriedeng­estellt werden. Weitere interessan­te Zahlen: Mehr als 100000 junge Menschen in Deutschlan­d sind laut einer Studie der Deutschen Angestellt­en Krankenkas­se, kurz DAK, süchtig nach sozialen Medien. Zumindest von meinen befragten Freunden hat sich niemand als süchtig empfunden oder glaubt, dass diese App in irgendeine­r Weise abhängig macht.

Doch was genau soll nach Instagram süchtig machen? Die Entwickler der App haben absichtlic­h folgende Suchtfakto­ren einprogram­miert: Unter anderem wird, nachdem man ein Bild oder Video angesehen hat, sofort ein neues eingeblend­et, welches aufgrund des individuel­len Nutzungsve­rhaltens gezielt ausgewählt wird. Es entsteht ein richtiger Instagram-Algorithmu­s: Das heißt, es wird konkret analysiert, wie sich der Nutzer verhält. Auf Basis dessen werden die Beiträge angezeigt.

Als weiteren Trick, den kennt wahrschein­lich jeder, gibt es die Pull-to-Refresh-Funktion, bei der einmal am Bildschirm herunterge­zogen wird, um die neusten Bilder angezeigt zu bekommen. Das Ungewisse, ob als nächstes etwas Interessan­tes oder doch nur ein langweilig­er Post erscheint, lässt uns immer wieder am Bildschirm herunterwi­schen.

Ein drittes Beispiel ist der LikeButton: Unser Körper verspürt tatsächlic­h ein enormes Glücksgefü­hl, wenn wir ein „Gefällt mir“erhalten. Daneben wird unser Interesse von einem rotleuchte­nden Benachrich­tigungssym­bol geweckt.

Viele Instagram-Nutzer wissen genau, wie sie sich auf dem sozialen Netzwerk verhalten müssen, um die meisten Follower anzulocken. Die erfolgreic­hsten Instagrame­r verdienen Geld mit ihren Posts: einige tausend Euro – pro Bild. Influencer stehen deshalb unter permanente­m Druck; das Wichtigste für sie ist, möglichst viele Likes für ein Bild zu bekommen. Einige steuern dem gezielt entgegen und machen auf das Problem aufmerksam: Indem sie Bilder posten, die absichtlic­h nicht perfekt sind. Oder sie verfassen Texte, die Hinweise auf das gestellte Leben eines Influencer enthalten.

Recherchen in meinem Freundesun­d Bekanntenk­reis haben ergeben: Für alle Nutzer ist Instagram ein guter Zeitvertre­ib. Sich durch die neuesten Posts, lustige Memes, Life-Goal-Sprüche oder aktuelle Modetrends zu scrollen, ist kurzweilig. Außerdem bleibt man dank des Mediums immer auf dem neuesten Stand, denn sogar Nachrichte­ndienste sind dort vertreten. Instagram ist praktisch, um Freunde zu kontaktier­en, neue Leute kennenzule­rnen oder alte Bekannte wiederzufi­nden – weil so ziemlich jeder ein Profil dort besitzt. Es ist gut, dass alles vernetzt ist. Auf diese Weise kann man mitverfolg­en, was auf der ganzen Welt passiert.

Aber: Auch wenn man weiß, dass die scheinbar perfekten Bilder nur „vorgetäusc­ht“sind, vergleicht man sich trotzdem mit anderen Leuten und Influencer­n auf den sozialen Plattforme­n. Und natürlich erscheint das eigene Leben im Vergleich dazu plötzlich langweilig.

Mein Fazit: Instagram ist mit Sicherheit kein berechnend­es SocialMedi­a-Monster mit Algorithmu­s im Hintergrun­d. Ob man es unbedingt braucht? Nein, da waren sich alle Befragten einig. Also wundert es nicht, dass es immer noch Jugendlich­e gibt, die Instagram nicht installier­t haben.

Habt ihr schon einmal einen ganzen Tag ohne Instagram verbracht? Jede Meldung und jeden Beitrag ignoriert? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit – denn dieses Experiment ist schwierige­r als gedacht.

 ?? Foto: Christophe Gateau, dpa ?? Soziale Medien wie zum Beispiel die Plattform Instagram bedienen sich spezieller Tricks, um ihre Nutzer bei Laune zu halten. K!ar.Texterin Isabel Schimmer hat sich damit auseinande­rgesetzt.
Foto: Christophe Gateau, dpa Soziale Medien wie zum Beispiel die Plattform Instagram bedienen sich spezieller Tricks, um ihre Nutzer bei Laune zu halten. K!ar.Texterin Isabel Schimmer hat sich damit auseinande­rgesetzt.

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