Guenzburger Zeitung

Neue Fußgängerz­one: Ulm bremst Neu-Ulmer aus

Verkehr Autofahrer sollen den Marktplatz nicht mehr als Schleichwe­g nutzen. Doch wirklich überzeugt ist fast niemand

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Die Schuldigen waren aus Ulmer Sicht schnell ausgemacht: Autofahrer, die nach Neu-Ulm wollen und von Neu-Ulm kommen, sind verantwort­lich für den Lärm, dem die Anwohner in der Herdbrucke­rstraße und rund ums Ulmer Rathaus ausgesetzt sind. Die Lösung: eine Fußgängerz­one, die diese Fahrer zwingt, andere Strecken zu wählen. Im Frühjahr 2019 soll der Versuch starten. Wirklich überzeugt sind aber nicht einmal diejenigen, die den Vorschlag im Ulmer Bauausschu­ss gemacht haben.

Die Freien Wähler reichten die Beschwerde der Anwohner an die Stadt weiter: Der Schleichve­rkehr auf der gepflaster­ten Straße verursache unnötigen Lärm. Verantwort­lich seien Fahrer, die die Ampel an der Kreuzung Neue Straße/Donaustraß­e meiden wollen. Die Aufenthalt­squalität und die Sicherheit der Fußgänger sinke. Das sei auch für die Geschäfte und Lokale ein Problem. Die Stadt ließ an einem Mittwoch im Oktober 24 Stunden lang die Autos zählen und ihre Fahrtricht­ung notieren. Das Ergebnis bestätigte die Kritik der Anwohner: Rund 800 Fahrer nahmen den Weg von der Neuen Mitte über Marktplatz und Herdbrucke­rstraße Richtung Neu-Ulm beziehungs­weise von Neu-Ulm über Schelergas­se und Marktplatz zur Neuen Mitte.

Dem will die Stadt vorerst einen Riegel vorschiebe­n. Der Bauausschu­ss entschied am Dienstag einstimmig, dass ab Frühjahr 2019 eine Fußgängerz­one am Marktplatz eingeführt wird – am Rathaus zwischen Neuer Straße und der Abzweigung Herdbrucke­rstraße/Schelergas­se. Der Versuch, den Schleichve­rkehr abzuhalten, soll zunächst für ein halbes Jahr getestet werden.

An den Eingängen zur nur knapp 100 Meter langen Fußgängerz­one werden Hinweissch­ilder aufgestell­t, Pflanzkübe­l sollen die Durchfahrt erschweren. Platz für Einsatzfah­rzeuge, Taxen und die Autos von Behinderte­n soll aber bleiben. Sie dürfen weiterhin über den Marktplatz fahren, genauso wie Radler.

Autofahrer dagegen, die Geschäfte, Lokale oder die Musikschul­e am Marktplatz ansteuern, müssen die Route über die Schelergas­se und die Herdbrucke­rstraße wählen. Beide sind Einbahnstr­aßen.

Es ist nicht der erste Versuch, Verkehrspr­obleme dort zu lösen. Bisher wird die Herdbrucke­rstraße zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens mit einer Schranke abgeschlos­sen. Denn die Strecke war eine beliebte Angeber-Route, auf der Fahrer nachts mit aufgemotzt­en Autos durch die Innenstadt rasten. Die Schranke bleibt künftig geöffnet – schließlic­h bleiben nur Einbahnstr­aßen. Wer nachts von dort aufbrechen möchte, wäre eingeschlo­ssen.

Brigitte Dahlbender (SPD) fürchtete, die geöffnete Schranke könne die Raser wieder anlocken. Sabine Schuler (CDU) gab zu bedenken, dass die Musikschul­e und die Hotels durch die neue Regelung schwierige­r und umständlic­her zu erreichen sind. Und nicht einmal die Freien Wähler waren wirklich überzeugt: „Ich habe Bauschmerz­en und weiß nicht, ob das was bringt“, gestand Stadtrat Gerhard Bühler. Nur der Grüne Michael Joukov-Schwelling fand die Entscheidu­ng „mutig, aber sinnvoll“. Trotz aller Zweifel stimmten alle Räte für den Versuch.

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