Eine Verkehrskontrolle gerät außer Kontrolle
Verhandlung Ein 26-Jähriger rastet aus, als ihn Polizeibeamte anhalten. Die Situation eskaliert auf dem Revier weiter. Vor Gericht gibt sich der Mann reumütig – dann wird er festgenommen
Als Polizeibeamte ihn anhalten, rastet ein junger Autofahrer aus. Vor Gericht gibt er sich reumütig – und wird festgenommen.
VON GERTRUD ADLASSNIG Günzburg Ein Autounfall und eine außer Kontrolle geratene Verkehrskontrolle beschäftigten das Günzburger Amtsgericht. Angeklagt war ein junger Mann, der vor einem Jahr mit einem Kleintransporter bei einem Überholmanöver ein entgegenkommendes Fahrzeug übersehen hatte, sodass es zum Zusammenstoß gekommen war. Diese Tat, stellte sich schnell heraus, war nicht das Ergebnis rowdyhaften Fahrens, sondern einer Unaufmerksamkeit. Viel schwerer wog der zweite Anklagepunkt. Wenige Tage vor dem Unfall war der damals 26-Jährige in eine Verkehrskontrolle durch zwei Zivilbeamte geraten. Dabei drehte der junge Mann durch. Vor Gericht erklärte er, da er unter Drogeneinfluss stand, habe er sich der Kontrolle entziehen wollen. Gegenüber den kontrollierenden Beamten hatte er behauptet, keinen Führerschein dabei zu haben. Doch die Polizisten fanden dann in seinem Geldbeutel eine österreichische Fahrerlaubnis. Auch war ihnen aufgefallen, dass etwas mit dem jungen Mann nicht stimmte. Sein ungewöhnliches Verhalten und zitternde Augen veranlassten die Beamten, ihn nach Drogenkonsum zu fragen und erklärten ihm, er solle sich freiwillig einem Drogentest unterziehen. Doch der Kontrollierte wollte nicht kooperieren, Entnahme der Blutprobe ist nur eine Verschnaufpause verweigerte sich und wurde immer aggressiver, wehrte sich massiv und wurde beleidigend, erklärte der Beamte im Zeugenstand, sodass die Zivilstreife Verstärkung anfordern musste. Als der Angeklagte aufgefordert wurde, seine Hände aus den Taschen zu nehmen, erkannte einer der Beamten, dass er ein zugeklapptes Einhandmesser in der Hand hielt, das ihm aber schnell entwendet werden konnte. Der junge Mann wurde sicherheitshalber fixiert. Die Situation eskalierte weiter, der Angeklagte versuchte, sich mit allen Mitteln gegen eine Festnahme und einen Drogentest zu wehren, doch konnte er schließlich in das Polizeifahrzeug und zur Wache nach Günzburg gebracht werden, wo die Aggressionen weitergingen. Auch im Auto habe der Angeklagte die Polizisten ununterbrochen mit den übelsten Ausdrücken beleidigt. Auf dem Revier wurden aufgrund des Geschreis weitere Beamte auf den Fall aufmerksam und eilten zu Hilfe. Sechs Beamte und der Arzt, der die Blutentnahme vornehmen musste, wurden von dem Angeklagten beleidigt, die Polizisten gestoßen und sogar gezielt bespuckt. Erst, als dem jungen Mann, der inzwischen auf dem Boden lag, weil eine Blutentnahme im Sitzen unmöglich war, nach etwa zehn Minuten die Kraft ausging, konnte die Blutprobe entnommen werden. Doch das war nur eine kleine Verschnaufpause, nach der der Angeklagte wieder hoch aggressiv wurde und seine Beleidigungen fortsetzte. Die Polizei sah sich veranlasst, den jungen Mann nach der Blutentnahme ins Bezirkskrankenhaus bringen zu lassen. Den Sanitätern gegenüber, räumte ein Polizist im Zeugenstand ein, sei der 26-Jährige nicht aggressiv gewesen. Der Angeklagte entschuldigte sich, zeigte sich einsichtig und versicherte, sein Ausrasten sei in einer Phase passiert, in der er in falsche Kreise geraten war und große Mengen verschiedenster Drogen konsumiert hatte, was auch die chemische Analyse bestätigte. Er habe nur über einen kurzen Zeitraum Drogen genommen und sei inzwischen wieder drogenfrei. Derzeit helfe er für ein Taschengeld seinen Eltern, da er ohne Führerschein seiner eigentlichen selbstständigen Arbeit nicht nachgehen könne. Doch ganz so harmlos, wie sich der junge Mann auf der Anklagebank gab, ist er wohl nicht. Ein einschlägiges Vorstrafenregister verweist auf Körperverletzung, Sachbeschädigung, Betrug und Beleidigung. Die Staatsanwaltschaft erhob nun auch noch Anklage wegen Bedrohung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung und forderte nach der Beweisaufnahme eine Strafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit und einen Führerscheinentzug von einem Jahr und sechs Monaten. Da eine gute Prognose bestünde, der junge Mann sich entschuldigt habe und auch eine Suchtberatung aufgesucht hatte, bat der Verteidiger, auch eine Geldstrafe in Erwägung zu ziehen. Richter Kramer verurteilte den jungen Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung und einem weiteren Entzug der Fahrerlaubnis für ein Jahr ab Rechtskraft des Urteils. Außerdem muss der Angeklagte hundert Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Nachdem das Urteil erläutert worden war, erklärte Richter Kramer dem Verurteilten, er solle nun die Hände auf dem Tisch behalten, denn es läge in einer anderen Sache ein Vollstreckungshaftbefehl gegen ihn vor, der nun vollzogen würde. Zwei bewaffnete Zivilbeamte, die sich im Zuschauerraum befunden hatten, nahmen den jungen Mann in Gewahrsam.