Bilder und ihre sprechenden Seiten
Das Museum Berggruen in Berlin hat Provenienzforschung betrieben – und stellt aus
Berlin Pablo Picassos Bild „Gitarre und Zeitung“(1916) ist im Museum Berggruen ab heute auch von hinten zu sehen. Es ist die Perspektive der Wissenschaft: Drei Etiketten und zwei handschriftliche Verweise auf der Rückseite halfen Provenienzforschern zu ermitteln, welchen Weg das Bild nahm, bis es 1971 beim Kunsthändler und Sammler Heinz Berggruen landete. „Jedes Werk erzählt auch die Geschichte seiner Eigentümer. An Provenienzketten lassen sich historische Ereignisse ablesen“, sagt Sven Haase, Kurator der Ausstellung „Biografien der Bilder“, die bis zum 19. Mai zu sehen ist und die Herkunft aller Exponate auflistet.
Mit der Ausstellung über „Provenienzen im Museum Berggruen“wird ein Forschungsprojekt in eine Ausstellung überführt. Von 2015 bis 2018 untersuchten Experten 135 Werke aus der früheren Privatsammlung Berggruens, die vor 1945 entstanden und sich heute im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befinden, auf mögliche Nsraubkunst. Es handelt sich um Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen von Pablo Picasso, Paul Klee, Henri Matisse, Georges Braque und Henri Laurens. Wichtiges Ergebnis des Projektes: Ein eindeutig Nsverfolgungsbedingter Entzug eines Kunstwerkes, das nicht bereits Bestandteil eines abgeschlossenen Restitutionsverfahrens war, konnte nicht ermittelt werden, wie der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, am Dienstag sagte. Bis zum Projektende konnte bei rund zwei Dritteln ein Ns-verfolgungsbedingter Verlust ausgeschlossen oder als höchst unwahrscheinlich eingestuft werden. Knapp ein Drittel hat Provenienzlücken, doch nur bei vier Werken könnte tatsächlich ein verfolgungsbedingter Verlust vorliegen.
Provenienzforschung ist mühsame Puzzlearbeit, wie Kuratorin Doris Kachel erläuterte. Da alle untersuchten Werke aus der Privatsammlung Berggruens stammten, gab es nicht wie im Museum üblich ein Inventarbuch mit einzelnen Erwerbsdokumentationen, um mögliche Vorbesitzer zu bestimmen. Die Familie Berggruen gewährte jedoch Einblick in Karteikarten des Sammlers. Demnach kaufte dieser die meisten Werke nach 1980, vor allem in internationalen Auktionshäusern, aber auch in Galerien und Kunstsammlungen. Bei der intensiven Sichtung der wichtigen Rückseiten halfen Restauratoren und Sicherheitstechnik.