Wenn Likes zur Gefahr werden
Wie Extremisten im Netz den Kontakt zu Jugendlichen suchen
Frau Götz, laut einer Untersuchung der Ludwig-maximilians-universität München suchen extremistische Organisationen den Kontakt zu jungen Internet-nutzern vor allem über Facebook und Youtube. Wie sehen diese Lockangebote aus?
Maya Götz: Da Facebook bei den meisten Jugendlichen mittlerweile ziemlich „out“ist, wird nun Instagram als bevorzugte Plattform genutzt, aber an der Methode hat sich nichts geändert. Auf den ersten Blick wirken die Posts oft wie Mitteilungen von Privatpersonen oder Organisationen, die sich zum Beispiel für die Umwelt oder für Kriegsopfer engagieren. Es geht dabei also um Themen, die Jugendlichen am Herzen liegen. Ästhetisch sind die Posts, sehr professionell gemacht, sie liegen stets im Trend.
Aber?
Götz: Ihre eigentliche Absicht ist auf Anhieb nicht zu erkennen. Erst der Blick auf die Absender und die Hashtags verrät, aus welcher Richtung die Nachricht kommt, aber auch nicht immer; wer würde hinter einem Namen wie „Medizin mit Herz“einen salafistischen Verein vermuten? Jugendliche müssen also nicht nur lernen, gezielt auf die Absender zu schauen, sie müssen auch wissen, wie sie die Listen extremistischer und verfassungsfeindlicher Organisationen des Verfassungsschutzes finden.
Warum sind junge Menschen besonders gefährdet?
Götz: Jugendliche suchen nach Identität, sie wollen wissen, wie sie diese Welt zum Besseren verändern können. Also geben sie solchen Angeboten oftmals ein „Like“, ohne zu ahnen, wer sich hinter dem Material verbirgt. Es besteht die Gefahr, dass sie auf diese Weise in eine Filterblase geraten, weil sie nun immer mehr propagandistische Informationen aus einer Denkrichtung erhalten und andere Meinungen scheinbar nicht mehr existieren. Das kann zur Radikalisierung beitragen.
Was können Schulen tun, um die Jugendlichen dagegen zu wappnen?
Götz: Jugendliche brauchen hier ganz konkrete Medienkompetenz, die es ihnen ermöglicht, das Propagandamaterial als solches zu entlarven. Zu diesem Zweck haben wir in Zusammenarbeit mit der Ludwigmaximilians-universität München eine gezielte Medienkompetenzeinheit für „so geht Medien“, die Medienkompetenzplattform von ARD und ZDF, entwickelt. Schule ist ein wichtiger Ort für Persönlichkeitsentwicklung und politische Bildung. Diskussionen zu aktuellen politischen Themen, Hintergrundwissen zur demokratischen Grundbildung und vor allem kritische Medienkompetenz im Umgang mit sozialen Netzwerken sollten selbstverständlicher Teil des Unterrichts sein.
Interview: Tilmann P. Gangloff
Maya Götz ist Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugendund Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk in München. Das IZI geht auf seiner Jahrestagung am 28. November der Frage nach, wie Kinder und Jugendliche mit Extremismus und Rassismus konfrontiert werden und wie man sie davor schützen kann.