Die Uhr hört mit
Technik Mit Kinder-smartwatches kann die Umgebung ausspioniert werden. Wie Kitas und Schulen darauf reagieren
München/augsburg Moderne Technik – Segen oder Fluch? Diese Frage stellt sich auch mit Blick auf Smartwatches. Erwachsene nutzen die Uhren mit Internetzugang beispielsweise zum Telefonieren oder um Twitter-meldungen zu checken. Inzwischen gibt es die Hightech-uhren auch speziell für Kinder. Und das kann zum Problem werden.
Den Herstellern zufolge sollen die Uhren dabei helfen, die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern zu vereinfachen. So soll Telefonieren mit der Smartwatch leichter sein als mit einem Smartphone. Per Kurzaufruf können schon die ganz Kleinen Mama oder Papa anwählen. Doch die Internet-uhren können mehr – einige sogar die Umgebung abhören. Was höchst problematisch ist. Die Stadt München hat daraus bereits Konsequenzen gezogen: In Kitas städtischer Träger sind Smartwatches nicht erlaubt, und zwar aus Gründen des Sozialdatenschutzes, schreibt das Bildungsreferat der Stadt. Das Verbot gibt es seit 2017.
Weil die Uhren in den vergangenen Monaten dennoch immer wieder in einer Kita im Stadtteil Bogenhausen auftauchten, gab es ein Rundschreiben an die Eltern. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, war daran ein Hinweis des Münchner Bildungsreferats angehängt, laut dem Eltern mithilfe der Smartwatches „unbemerkt Tonaufnahmen von Kindern und deren Umgebung“gemacht hätten. Auch die Westpark-grundschule im Augsburger Stadtteil Pfersee hat ein Schreiben an die Eltern verteilt, in dem es um das illegale Belauschen geht.
Mit der Armbanduhr die eigenen Kinder ausspionieren? Technisch möglich wäre das. Einige Smartwatches sind mit einer Abhörfunktion ausgestattet. Damit können Aufnahmen auf das Smartphone oder Tablet der Eltern übertragen werden, ohne dass der Uhrenträger etwas davon mitbekommt. In Deutschland sind so ausgestattete Uhren seit einigen Monaten verboten. Die Bundesnetzagentur sieht in ihnen illegale Abhörgeräte und berichtet auch von Fällen, in denen Eltern über die Smartwatches Lehrer im Unterricht abgehört hätten.
In der Kritik stehe derzeit die frei erhältliche App „Find my kids“, die eine Abhörfunktion besitze und die laut App-programmierer zur Steuerung vieler Kinder-uhrenmodelle geeignet sei. Die Bundesnetzagentur rät Eltern, sich genau zu informieren, bevor sie ihren Kindern eine Smartwatch kaufen. Dazu sollten sie die Produktbeschreibung des Herstellers und die Datenschutzbestimmungen der Apps genau lesen.
Während es in München in städtischen Kitas ein Verbot gibt, diskutieren in Augsburg die zuständigen Stellen noch darüber. So kam das Thema beim Gemeinsamen Elternbeirat der Kindertagesbetreuung der Stadt Augsburg auf den Tisch. Die Meinungen, ob die Uhren verboten werden sollen, gehen auseinander, sagt Eva Hermanns von der Stadt Augsburg. Abschließend geeinigt habe man sich noch nicht.