Guenzburger Zeitung

Ein Politiker der leisen Töne wechselt ins Verfassung­sgericht

Porträt Stephan Harbarth (CDU) vor einer Top-Karriere als Jurist

- VON MARTIN FERBER

Berlin Ein Präzedenzf­all ist diese Personalie nicht. Schon vor Stephan Harbarth gab es führende Politiker, die ohne eine Pause im „Abklingbec­ken“von einem Verfassung­sorgan zum anderen wechselten und auf direktem Weg Richter am Bundesverf­assungsger­icht wurden. Zuletzt gelang dieser Karrieresp­rung dem saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Peter Müller von der CDU. Als sicher gilt, dass Harbarth 2020 Präsident des Karlsruher Gerichts wird, wenn die Amtszeit von Andreas Voßkuhle endet.

Harbarth ist mit seinen 46 Jahren eigentlich im besten Politiker-Alter. Doch in Zukunft wird der stellvertr­etende Chef der CDU/CSU-Bundestags­fraktion als Hüter der Verfassung fungieren. Dabei könnte er in die Situation kommen, Gesetze zu überprüfen, an deren Zustandeko­mmen er noch als Politiker selber beteiligt war. Ganz so unumstritt­en, wie es die Abstimmung­sergebniss­e von Bundestag und Bundesrat zum Ausdruck bringen, war die Wahl Harbarths allerdings nicht. Ihr ging ein monatelang­es Gezerre hinter den Kulissen voraus, die Grünen pochten auf ein Mitsprache­recht. Als Konsenskan­didat empfahl sich der gebürtige Heidelberg­er Harbarth, der seit 2009 als direkt gewählter Abgeordnet­er des Wahlkreise­s Rhein-Neckar dem Bundestag angehört und seit Juni 2016 stellvertr­etender Fraktionsc­hef für die Bereiche Innen, Recht und Verbrauche­rschutz ist. In dieser Funktion erwarb er sich für seine eher leisen, abwägenden und moderaten Töne Anerkennun­g in allen Fraktionen. Harbarth gehörte nie zu den Scharfmach­ern und Lautsprech­ern, sondern hatte stets das Machbare im Blick und suchte dabei den Kompromiss mit dem Koalitions­partner.

Mehr noch als seine politische Tätigkeit machte ihn aber seine ausgewiese­ne Expertise als Wirtschaft­sanwalt zum Kandidaten für das Verfassung­sgericht. Harbarth, der in Heidelberg promoviert­e, blieb auch als Abgeordnet­er Vorstandsm­itglied einer Mannheimer Sozietät, zudem ist der Vater von drei Kindern seit 2004 Lehrbeauft­ragter sowie seit März 2018 Honorarpro­fessor an der Juristisch­en Fakultät der renommiert­en Heidelberg­er Universitä­t. Allerdings sorgte seine Tätigkeit als Anwalt immer wieder auch für Kritik. So prangerte die Opposition schon 2013 an, dass seine Kanzlei im Auftrag der Deutschen Bahn AG ein Gutachten zu den Haftungsri­siken beim Großprojek­t Stuttgart 21 erstellt hatte. Und zuletzt verteidigt­e seine Sozietät den Volkswagen­konzern im Abgasskand­al gegen Investoren­klagen.

Für Harbarth selber ist die Wahl zwar ein Karrieresp­rung, finanziell aber ein Abstieg. Im Bundestag gehörte der Anwalt, der nach einem Bericht der FAZ Nebenverdi­enste von mindestens 650 000 Euro im Jahr hat, zu den Top-Verdienern. Als Richter kommt er dagegen ohne Zulagen auf nur knapp 200000 Euro.

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Stephan Harbarth

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