Guenzburger Zeitung

Wo Adler und Magier zu Hause sind

- VON WOLFGANG LANGNER wla@augsburger-allgemeine.de

Natürlich war früher nicht alles besser, aber die Welt war definitiv etwas lustiger. Damals drang auch noch viel öfter nach außen, was in den Kabinen der Fußballer alles so getrieben wurde. Tief in den Katakomben, im Bauch des Stadions, wo sich einst Bastian Schweinste­iger mit einer 18-jährigen Freundin im Whirlpool vergnügte, schwor Klaus Toppmöller die Frankfurte­r Eintracht auf die deutsche Meistersch­aft ein. Anthony Yeboah, Jay-Jay Okocha, Thomas Doll oder Uwe Bein erstarrten ehrfürchti­g, als ihr Trainer mit einem handzahmen Adler, dem Wappentier der Eintracht, die Kabine betrat.

Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 1993 führten die Hessen die Tabelle mit neun Siegen und zwei Remis deutlich an. Der Adler diente noch als letzte Motivation und Toppmöller sprach: „Ihr müsst den Gegner packen wie ein Adler seine Beute.“

Durchaus möglich, dass diese spektakulä­re Wortwahl auch später Serien wie „Game of Thrones“oder „Vikings“beeinfluss­t haben. Die Meistersch­aft hat es nicht beeinfluss­t. Ab diesem Zeitpunkt ging es den Bach runter. Die Mannschaft stürzte ab und kam am Ende lediglich auf den fünften Platz. Seither hat auch kein Adler mehr den Schweißger­uch in einer Kabine der Frankfurte­r Eintracht eingeatmet. Der Verein hatte später auch schwierige Jahre hinter sich gebracht und finanziell sah es ziemlich düster aus. In diesen Zeiten hätte ein zerrupfter Kampfhahn besser in das Vereinswap­pen gepasst als ein stolzer Adler.

Doch jetzt ist es fast so wie in ganz alten Zeiten, als Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein im Spiel die Regie und Choreograf­ie übernommen haben und dafür Gert Trinklein, Thommy Rohrbach oder Werner Lorant die Drecksarbe­it machten. Frankfurt ist jedenfalls wieder wer. Beim 3:1-Sieg der Mannschaft in Augsburg sah man vieles, was eine Klassemann­schaft auszeichne­t.

Über 20 Jahre nach dem magischen Dreieck in Stuttgart (Fredi Bobic, Krassimir Balakov, Giovane Elber) gibt es jetzt wieder eines in Frankfurt (Sebastien Haller, Luka Jovic, Ante Rebic). Diese Magier leisten momentan ganze Arbeit. Der Song der hessischen Band Rodgau Monotones aus dem Jahr 1984 „Gnade, Erbarmen, zu spät – die Hessen kommen“ist wieder Programm. Und wie es sich gehört, der Eintracht-Adler symbolisie­rt wieder neben der göttlichen Ewigkeit Mut und Stärke. Trainer Adi Hütter sollte es nur tunlichst vermeiden, ihm jemals die EintrachtK­abine zu zeigen. Das kann nur schiefgehe­n.

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Der Adler
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