Pflegeoma tötet aus Sehnsucht
70-Jährige ertränkt Siebenjährigen
Heilbronn Sieben Monate nach dem gewaltsamen Tod eines Siebenjährigen in Künzelsau in Baden-Württemberg steht seit Dienstag die langjährige Pflegeoma des Kindes vor Gericht. Die 70-Jährige soll das ihr anvertraute Kind am 27. April erwürgt und in einer Badewanne abgelegt haben. Da Mordmerkmale wie Heimtücke oder Habgier nicht vorliegen, lautet die Anklage am Landgericht Heilbronn auf Totschlag.
Die Pflegeoma sagt vor Gericht bisher kein Wort. „Sie war wie eine Oma für uns“, erzählt dafür die Mutter des Jungen schluchzend den Richtern. Auch ihr einziges Kind habe stets von „Oma Elisabeth“gesprochen. Zwischen Kind und Seniorin sei es „Liebe auf den ersten Blick“gewesen, berichtet der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth aus Akten. Im Kita-Alter sei der Junge oft mehrmals die Woche bei der Pflegeoma gewesen. Sehr gerne habe der Junge auch bei „Oma Elisabeth“übernachtet. So sollte es auch am 27. April 2018 sein, die Eltern wollen zu einem Konzert.
Laut Staatsanwaltschaft hat die Angeklagte die zuletzt länger werdenden Trennungszeiten mit dem Jungen nicht mehr ertragen. Daher habe sie sich entschlossen, das Kind zu töten, berichtet Staatsanwalt Harald Lustig aus der Anklageschrift. Der Vater wollte den Jungen am 28. April abholen. Als niemand öffnet, kommt er mit seiner Frau später erneut zurück zum Haus der Angeklagten. Die Rollläden sind teils noch unten, keiner antwortet. Ein Nachbar hat einen Schlüssel, zu dritt durchsucht man das Einfamilienhaus. Da entdeckt die Mutter ihr Kind in der Wanne.
Bei der Pflegeoma habe sie sich stets wohlgefühlt, berichtet die Mutter mehrfach an diesem ersten Prozesstag. „Und Ole auch.“Ihre Chefin habe sie als Pflegeoma empfohlen. Nach der Tat versteckte sich die Angeklagte bis zum nächsten Abend am Ufer der Kocher, heißt es. Bei ihrer Rückkehr zum Haus wurde sie festgenommen.
Das Landgericht hat zunächst neun Verhandlungstermine benannt. Mehr als 30 Zeugen sind geladen. Das Urteil könnte am 30. Januar fallen.