Wichtig ist die Wirkung
Mobbing gibt es überall, wahrscheinlich schon lange. Früher hieß es eben hänseln – das klingt bloß harmloser. Die Sache war und ist dieselbe.
Manche Dinge, die Carsten Stahl sagt, wirken befremdlich. Zum Beispiel, wenn er über die 30 Millionen Menschen spricht, von denen er vorgibt, gekannt zu werden. Auch seine pauschale Beurteilung der Pisa-Studie, die vermutlich auf einer engeren Mobbing-Definition beruht, als sie Stahl verwendet, wirkt eigenartig – selbst wenn „nur“jeder sechste Schüler gemobbt wird, ist das schlimm genug. Vor lauter Runzeln fühlt sich die Stirn nach Stahls Vortrag an, als wäre sie so durchtrainiert wie dessen Oberarme.
Und dennoch: Die Reaktion der Jugendlichen gibt ihm recht. Kein oder kaum ein Anzugträger oder Sozialpädagoge käme so nah an die Schüler wie der Ex-TV-Darsteller, der als Kollegahs großer Bruder durchgehen könnte. Ob der Effekt anhält, diese Entscheidung liegt bei den Schülern. Beurteilen müssen es die Lehrer und Sozialarbeiter.
Unabhängig davon, ob die Veranstaltung ein kurzes Feuerwerk war oder langfristig wirkt: Die Mittelschule Leipheim macht sich zum Vorbild für andere Schulen, indem sie Mobbing überhaupt zum Thema macht. Es zeigt den Tätern, dass ihr Verhalten daneben ist. Es signalisiert Mitläufern, dass sie ihren Mund aufmachen sollen, wenn sie Unrecht beobachten. Und am wichtigsten: Es vermittelt Schülern, die unter Mobbing leiden, dass es nicht an ihnen liegt, sondern dass viele ihrer Mitschüler und Zigtausende Jugendliche in Deutschland ihr Problem teilen. Andere verschweigen es.