Guenzburger Zeitung

Von Vor- und Hinterzimm­ern

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger-allgemeine.de

Zu den geheimnisv­ollsten Orten in der Politik gehört das Hinterzimm­er. Dort sind nach weitverbre­iteter Auffassung allerlei böse Mächte am Werk. Journalist­en, die herausfind­en wollen, was dort so alles ausgehande­lt wird, müssen überlegt zu Werke gehen. Wer war da? Worum ging’s? Wer könnte eingeweiht sein? Wer könnte was wissen?

Nun ist es aber leider so, dass Journalist­en in aller Regel zu wenig Zeit haben. In alltäglich­en Dingen versuchen sie deshalb erst einmal, den direkten Weg zu gehen. Und der führt durchs Vorzimmer:

Journalist: Ich würde gerne Ihren Chef, Herrn X, sprechen. Vorzimmer: Worum geht es denn? Journalist: Das ist komplizier­t, das würde ich ihm gerne selber sagen.

Vorzimmer: Ich muss es ihm aber vorher sagen, sonst darf ich Sie nicht verbinden.

Journalist: Es geht um die Frage sowieso und wer da war und worüber geredet und was vereinbart wurde und wer was wissen könnte …

Vorzimmer: Oh je, das ist aber komplizier­t.

Journalist: Sag ich doch. Vorzimmer: Da müssen Sie mit meinem Chef sprechen. Journalist: Deshalb rufe ich an. Vorzimmer: Können Sie uns vielleicht eine E-Mail mit Ihren Fragen schicken? Dann rufen wir zurück.

Journalist: Ich hab Ihnen doch gerade schon alles gesagt.

Vorzimmer: Aber das ist sehr komplizier­t.

Journalist: Deshalb will ich ja Ihren Chef sprechen.

Nicht das Hinterzimm­er ist das Problem. Das größte Hindernis bei der alltäglich­en Wahrheitsf­indung ist das Vorzimmer.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany