Wie der Winterdienst die Umwelt schonen will
Auf den Bundes- und Staatsstraßen soll in Zukunft mit einer neuen Technik gearbeitet werden. Was Zuckerwürfel damit zu tun haben und warum Minister Hans Reichhart auf ein Streufahrzeug steigt
Gersthofen/Landkreis Für die Probefahrt auf einem Streufahrzeug tauschte er sein Sakko mit einer orangefarbenen Jacke der Straßenmeisterei: Der neue bayerische Bauund Verkehrsminister Hans Reichhart ließ sich am Mittwoch in Gersthofen die neue Technik erklären, von der Umwelt und Geldbeutel profitieren können. Konkret: In Zukunft soll noch mehr Sole, also Salzwasser, auf Bundes- und Staatsstraßen in Bayern ausgebracht werden. Damit lässt sich der Streusalzverbrauch verringern.
Um wie viel Salz es geht, verdeutlichte Harald Claußen von der Autobahndirektion Nordbayern mit einem Zuckerstück: Es wiegt etwa drei Gramm – genau das ist die Menge Salz, die in gelöster Form als Sole auf einen Quadratmeter Straße kommt. Früher seien es 20 Gramm gewesen, also fast sieben Zuckerwürfel. Bei der Straßenmeisterei Gersthofen – sie ist die größte in Bayern und zuständig für die Staatsund Bundesstraßen in den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und in Teilbereichen des Augsburger Stadtgebiets – ist das Einsparpotenzial schon bekannt: Für die etwa 600 Straßenkilometer, die die 53 Mitarbeiter betreuen, werden normalerweise 52 Tonnen Salz benötigt. Jetzt sind es je nach SoleKonzentration elf Tonnen. „Das ist enorm. Ich bin jetzt 41 Jahre dabei, es tut sich immer wieder etwas“, sagt Straßenmeisterei-Leiter Konrad Schneller. Die neue Methode ist nicht nur effizienter. Sie hat auch einen weiteren Vorteil: Die Sole haftet besser auf den Straßen. Zum Vergleich: Aufgestreute Salzkörner können bei trockener Witterung leichter von der Fahrbahn geweht werden. Und: Die Sole lässt sich auch vorsorglich verteilen, wenn der Wetterdienst zum Beispiel Reifglätte prognostiziert. „Wir haben damit mehr Sicherheit, dass die Sole im Ernstfall auch so lange liegen bleibt, bis der Berufsverkehr einsetzt“, erklärt Harald Claußen, der sich an der Zentralstelle für den Betriebsdienst in Nürnberg mit Fahrzeugen, Geräten und der Tanktechnik befasst. Die Staatsbauverwaltung war es, die zusammen mit Maschinenherstellern die Technik weiter entwickelt hat. Während früher die Sole über Düsen meistens nur breitflächig gespritzt werden konnte, können heute die Streuteller am Heck der Fahrzeuge für schmälere Straßen genutzt werden. Und: Es gibt erste Versuche, die Teller elektrisch zu betreiben, was wiederum Dieselkraftstoff spart.
Beim Staatlichen Bauamt Passau wurde die Technik im vergangenen Winter schon eingesetzt. „Sie hat sich bewährt“, sagt Harald Claußen. Fünf Stunden hält das Elektroaggregat. Anschließend muss es eine Stunde lang aufgeladen werden. In diesem Winter werden unter anderem die Wirtschaftlichkeit und auch logistische Fragen untersucht. Ein Fahrzeug mit einem elektrisch betriebenen Teller der Straßenmeisterei Freyung-Hauzenberg wurde gestern auf dem Gelände der Straßenmeisterei Gersthofen vorgestellt. Dort gibt es bereits einen riesigen Sole-Tank, der 120000 Liter fasst. Weitere 60 000 Liter sind an den Stützpunkten Schwabmünchen und Aichach verfügbar – der Winter kann kommen.