Adventskränze im Minutentakt
Seit 30 Jahren gibt es beim Scheppacher Frauenbund das Weihnachtsbasteln. Die kleinen Kunstwerke werden jetzt wieder verkauft. Wie der Brauch entstand und warum er zur Adventszeit ein fester Bestandteil der Gemeinde ist
Scheppach Der Boden des Scheppacher Pfarrsaals ist über und über mit Tannenzweigen bedeckt und es riecht angenehm nach Wald. Auf den „Schmücktischen“an der Wand türmen sich Schachteln mit Weihnachtskugeln, Engelshaar und allerlei weiteren Accessoires. An diesem Nachmittag herrscht hier ein geschäftiges Treiben. An die 20 Frauen vom Scheppacher Frauenbund binden, schmücken, dekorieren und verzieren an zwei Tischreihen, was das Zeug hält. Gut, ganz so im Akkord geschieht das nun auch wieder nicht, es wird ein bisschen geratscht und Kaffee sowie die ersten „Laibla“gibt es ebenfalls. Seit 30 Jahren verwandelt sich der Pfarrsaal kurz vor der Adventszeit in eine große Bastelstube. Innerhalb von zwei Tagen entstehen dort Advents- und Türkränze, Gestecke und vieles mehr. Der Erlös aus dem Verkauf kommt immer einem guten Zweck zugute. Unter anderem waren dies schon die Scheppacher Schule oder der Kindergarten, dieses Jahr wird ein Teil des Betrags an die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, gespendet.
Das Weihnachtsbasteln haben Ilse Holdenrieder und Edith Rößle 1988 ins Leben gerufen. Anlass seien die Verbindungen von Scheppachs damaligem Pfarrer Alois Brauner zu Pater Francis in Bulawayo in Afrika gewesen, erzählt Ilse Holdenrieder. Anfangs habe man gehäkelt und gestrickt. Mit dem Erlös aus dem Verkauf habe man Hilfspakete mit zuvor gesammelter Bekleidung und Alltagsgegenständen verschickt. Die Scheppacher Bäckerei Kollmann habe in den 90er-Jahren sogar mit einem 16 Meter langen Riesenstollen und einem zehn Quadratmeter großen Riesen- zu einem beachtlichen Spendenerfolg beigetragen.
Inzwischen sind es die Kränze und Gestecke, die im Pfarrsaal hergestellt werden. Und die kommen so gut an, dass es gleich Vorbestellungen gibt. Die Scheppacher warten sozusagen schon darauf. Sogar sogenannte „Schlamperkränze“gibt es, sozusagen ein „kreatives Duranand“aus Resten von Zweigen, Blättern oder Moos, aber trotzdem richtig schön. „Eine rote Kugel hi- ein Engel, vielleicht noch einige Lichter dazu, und fertig ist eine stimmungsvolle, rustikale Dekoration für den Garten oder fürs Haus“, erläutert Gerlinde Beck. Auch „Schlamperkränze“würden inzwischen immer mehr verkauft. Und neue Ruten für den Nikolaus und den Knecht Ruprecht, die der Frauenbund regelmäßig zu den Scheppacher Familien schickt, gibt es auch.
Gearbeitet wird richtig professionell. An der einen Tischreihe werlebkuchen den die Kränze gebunden. Eibenzweige, Thuja und eine ganze Reihe verschiedenster Zypressenarten liegen in Kartons sortiert bereit. Berta Förster und Gabi Pauler schneiden sie gerade zurecht, während Betti Höck diese mit Draht an den Kränzen befestigt. Wichtig sei, dass man alles fest umwickle, sagt sie. Einen Tisch weiter wird gerade ein Adventskranz mit einem Durchmesser von mehr als einem Meter fertig. Der ist für die Scheppacher Grundnein, schule bestimmt. Einen ähnlichen bekommen auch das Jettinger Rathaus und die Scheppacher Kirche – der natürlich etwas größer und besonders sorgfältig gesteckt ist. Auf die Frage, wie lange man denn für so einen Kranz braucht, verrät Luzia Holzbock: „Etliche Zeit.“Und dann müsse der Kranz auch noch geschmückt und die Kerzen angebracht werden. Dies geschieht – wiederum perfekt durchorganisiert – an der Tischreihe daneben.
Warum macht man sich diese Arbeit, vom Aufräumen ganz zu schweigen? Es sei der Spaß am Basteln, die Freude, wenn alles fertig ist, und vor allem das Gemeinschaftserlebnis, sagen die Frauen. Schon Tage vorher seien sie unterwegs gewesen, um Materialien zu sammeln – von Nachbarn oder Bekannten, die Bescheid geben, wenn sie etwas haben, was verwendet werden kann. Das wüssten die Scheppacher und auch die Waldgemeinschaft, die in diesem Jahr eine Weißtanne zur Verfügung gestellt habe. „Eine Symbiose“, erklärt Rosmarie Beuer. Jede der Frauen sei es gewohnt, sich diese Tage freizuhalten, und sie seien mit vollem Einsatz dabei, bestätigt Gerlinde Böck, stolz über die ganze Bastelgruppe. Nur eines sei schade: Es müssten mehr jüngere kommen. Damit hat sie recht, denn das Alter liegt zwischen knapp unter 50 und gut über 80 Jahren. Manche sind sogar von Anfang an schon mit dabei.
Mehr als 100 der kleinen Kunstwerke werden am heutigen Freitag im Pfarrsaal von 15 bis 17 Uhr und am Samstag von 9 bis 11 Uhr verkauft. Zu Beginn wird sie Pfarrer Franz Wespel segnen und auch Jettingen-Scheppachs Bürgermeister Hans Reichhart wird einige Worte zum 30-jährigen Bestehen des Weihnachtsbastelns sprechen.