Santa Claus im Sommer
Tatort: Wir kriegen euch alle
ARD, 20.15 Uhr Was haben sich die Drehbuchautoren Michael Comtesse und Michael Proehl bei diesem aufs Gruseln ausgelegten „Tatort“gedacht? Nein, ein Horrorfilm ist es nicht, weil man sich mehr über einen Weihnachtsmann im Sommer wundert, statt eine Gänsehaut ob der furchtbaren Geschehnisse zu bekommen. Nein, eine bösartige Komödie ist der aktuelle Münchner Beitrag zum Genre auch nicht, selbst wenn die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) ihre schwierigen Jobs mit dem SchnickSchnack-Schnuck-Spiel aushandeln.
Ja, eines geht doch. Die Münchner Silberrücken sind so geerdet, dass sie nicht nur den Kampf gegen künstliche Intelligenz wie unlängst im BR-„Tatort – KI“bestehen, sondern überraschend schnell den Doppelmord an einem Elternpaar mittels einer Machete, die Zuneigung der kleinen Tochter Lena zu der geheimnisvollen Puppe Senta sowie sexuellen Missbrauch in Verbindung bringen. Wozu braucht es bei so viel Tüchtigkeit eigentlich noch Sendungen wie „Aktenzeichen XY…ungelöst“? „Wir kriegen euch alle“heißt nicht nur dieser „Tatort“, so lautet auch die Drohung, die der Täter mit Blut an die Wand geschrieben hat.
Überhaupt wurde viel, zu viel reingepackt in die Story. Da ist eine zornige Gruppe missbrauchter Männer mit Rachegedanken, außerdem ein autoritärer Vater, der seinen erwachsenen Sohn schurigelt. Dazu gibt es einen Disput über Ignoranz und Naivität als natürliche Feinde der Demokratie und eine sprechende, von einem Mann gehackte Smartpuppe mit leuchtenden Augen. Unwillkürlich denkt man an die Horrorpuppe „Chucky“aus dem Kino. Mit dem Unterschied – nur so viel sei verraten –, dass Senta am Ende ein Kinderleben rettet. Mitunter darf es auch spannend werden, wenn der Zuschauer erfährt, dass noch 24 weitere dieser Puppen im Umlauf sind. Schade, dass das Buch nicht Schritt halten kann mit der atmosphärischen, farblich wie ästhetisch gelungenen Bildgestaltung. Rupert Huber