Guenzburger Zeitung

Lkw-Fahrer lebte 27 Jahre unentdeckt als Mörder

Prozess Wie die Polizei dem Peiniger der zehnjährig­en Stephanie doch noch auf die Spur kam

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Gera 27 Jahre lang konnte der Mörder unbehellig­t leben. Niemand glaubte mehr daran, dass der Mann, der im August 1991 die zehnjährig­e Stephanie aus Weimar getötet hatte, je gefunden wird. Doch fast drei Jahrzehnte nach dem Verbrechen hat sich die akribische Polizeiarb­eit gelohnt. Nun hat das Landgerich­t Gera einen 66-Jährigen zu lebenslang­er Haft verurteilt.

Oberstaats­anwalt Rolf Mohrmann schilderte, wie sich der Fall vor fast 30 Jahren abgespielt haben muss: Der Täter lockte Stephanie aus dem Goethe-Park in Weimar, indem er ihr 50 Mark dafür ver- sprach, ihm den Weg zum Schloss Belvedere zu zeigen. Tatsächlic­h aber wollte der Kraftfahre­r sich an dem Mädchen vergehen, fuhr dazu mit ihm bis hinter das bayrische Schwarzenb­ach. Auf einem Waldweg missbrauch­te er dann das wehrlose Kind.

Dabei hatte der Mann – so der Staatsanwa­lt – zunächst wirklich die Absicht, Stephanie wieder nach Weimar zu bringen und sie dort auszusetze­n. Als das Kind jedoch weinte, gab er ihm Beruhigung­stabletten. Als Stephanie dann kaum noch ansprechba­r gewesen sei, habe er sie von der Teufelstal­brücke an der A4 bei Hermsdorf 48 Meter in den Tod gestoßen, um sie loszuwerde­n.

Der Angeklagte hatte vor Gericht die Entführung eingeräumt, aber bestritten, das Mädchen missbrauch­t und getötet zu haben. „Sie haben bei der Polizei auch zugegeben, Stephanie von der Brücke gestoßen zu haben“, sagte der Richter dann in Richtung des Mannes, der die Ausführung­en ohne erkennbare Regungen verfolgte.

Für das später widerrufen­e Geständnis hatte der 66-Jährige eine Erklärung parat: Er sei bei seiner Verhaftung im März 2018 schwer im Gesicht verletzt worden und habe nur unter starken Schmerzen ausgesagt. Der Verteidige­r kündigte an, er werde sich mit seinem Mandanten beraten, ob er gegen das Urteil vorgehen werde.

Eine Sonderkomm­ission der thüringisc­hen Polizei für sogenannte Altfälle war dem Mann auf die Spur gekommen. Sie ermittelte seit 2016 erneut zu Stephanies Tod. Dem 66-Jährigen kamen die Ermittler durch moderne Untersuchu­ngsmethode­n und ein neues elektronis­ches Fallbearbe­itungssyst­em auf die Spur, in dem Daten zu ungeklärte­n Thüringer Kindermord­en erfasst und ausgewerte­t werden.

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