Tierhaltung im Spannungsfeld von Gesellschaft, Politik und Markt
Milchviehhaltertag In Oberwiesenbach gab es spannende Vorträge zur hochmodernen Landwirtschaft mit Rindern
Oberwiesenbach Die landwirtschaftliche Tierhaltung wird von unserer Gesellschaft zunehmend kritisch gesehen, zumal man sich das angesichts voller Supermarktregale auch leisten kann. Massentierhaltung, Anbindehaltung, Fütterung und Eingriffe an Tieren sind Schlagworte, die den öffentlichen Druck verstärken und immer wieder tun sich neue Forderungen auf. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF) Krumbach, der VLF Krumbach-Weißenhorn und dem Fachzentrum für Rinderhaltung am AELF Mindelheim beleuchteten mehrere Experten vom Bayerischen Bauernverband diese brisanten Themen beim Milchviehhaltertag im Gasthaus Adler in Oberwiesenbach.
Sie diskutierten mit den rund 30 anwesenden Milchviehhaltern aus den Landkreisen Neu-Ulm und Günzburg. Brigitte Stoll, Leiterin Sachgebiet Landwirtschaft beim AELF Krumbach, stellte die Referenten vor und gab einen kurzen Überblick zu den Tagungsthemen und weiteren Veranstaltungshinweisen. Das Futter und die Fütterung stellen einen erheblichen Kostenfaktor bei der Herstellung von Lebensmitteln tierischer Herkunft dar. Eine bedarfsgerechte Versorgung der Nutztiere mit Energie, Nähr-, Mineral- und Wirkstoffen ist das Hauptziel, um damit Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Tiere zu fördern. Dabei sei Phosphor ein wichtiger Mineralstoff und bei den Viehhaltern viel diskutiert, bestünden doch unterschiedliche Meinungen über dessen Einsatz. In ihrem Vortrag „Phosphor – Was braucht die Kuh“ging Jennifer Brandl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Grub im Institut für Tierernährung (ITE) in Poing im Landkreis Ebersberg auf Ergebnisse aus Versuchen ein und rückte die Problematik ins Bewusstsein. Phosphor in Futter und Ration, Funktion im Tierkörper, Auswirkungen im Stoffwechsel, Mangelerscheinungen und Folgen von Überversorgung zählten zu ihren fachlichen Themen. Brandl zeigte Möglichkeiten zur Reduzierung im Futter und empfahl, grundsätzlich nicht mehr zu verwenden als nötig, sei das Vorkommen des Rohstoffes schließlich nicht unendlich.
Zu einem weiteren Fachvortrag zählte das Thema „Möglichkeiten zur Milchpreisabsicherung“von Magnus Kellermann vom Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft. Die Absicht einzelner Marktpartner, die Milchpreise nach den Haltungsbedingungen zu differenzieren, also Preisabschläge für Milch aus Anbindehaltung einzuführen, bildete das zentrale Thema beim Referat von Janne Richelsen, Referentin für Tiergesundheit, Tierhaltung und Vermarktungsfragen beim Bayerischen Bauernverband, aber auch bei den Diskussionsbeiträgen der anwesenden Milchviehhalter. Zur öffentlichen Diskussion um die Tierhaltung zählen neben der Anbindehaltung auch der Einsatz von Antibiotika, Tierwohl und -kennzeichnung, TierLiegeplatz-Verhältnis und Verödung von Hornanlagen. Im Gesamten habe sich das Verhältnis der Bürger zur Nutztierhaltung verändert: Im Vergleich zur Agrarromantik „gute alte Zeit“gibt es Skepsis gegenüber Modernität, man lebt in einer Wohlstandsgesellschaft und das Tier werde immer mehr zum Lebenskamerad, so die Referentin. Die Landwirtschaft müsse die Diskussion um die Tierhaltung mit Weiterentwicklung und Veränderungen gestalten, aber rote Linien aufzeigen und den Dialog nach innen und außen fördern und Information und Aufklärung betreiben.
In den zahlreichen Wortbeiträgen der Anwesenden wurde erwähnt, dass es letztlich ums Geld gehe, möglichst viel zu produzieren und das „gesunde Denken“fehle, einschließlich der Sorge, ob das gegenwärtige Landwirtschaftssystem noch für die Anforderungen der Marktwirtschaft gewappnet sei oder zugrunde gerichtet werde.