Guenzburger Zeitung

Studie Wer hat Angst vor Gruppenrei­sen? Nur wenn die Teilnehmer zusammenpa­ssen, kann die Reise ein Erfolg werden. Da sind die Veranstalt­er gefragt

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Wer nicht allein, zu zweit oder mit der Familie reist, reist in einer Gruppe. Das tun in Deutschlan­d laut einer Studie 2,3 Millionen Menschen – ohne Kreuzfahrt­en. So eine Gruppe hat Vor- und Nachteile. Tourismusf­orscher Prof. Dr. Martin Lohmann beschreibt sie wie folgt: Auf der einen Seite stehen Sicherheit, die Möglichkei­t des Austausche­s mit anderen und gemeinsam Spaß zu haben; auf der anderen steht die Tatsache, dass man nicht alle aus der Gruppe mögen kann, dass so manchem die vielen Menschen auf die Nerven gehen, dass man für die Sicherheit auch mit persönlich­er Unfreiheit bezahlen muss.

Noch immer sind auch die meisten Pauschalre­isen Gruppenrei­sen. „Zusammen mehr erleben“lockt Tui, „gemeinsam mehr erleben“heißt es bei Thomas Cook. Auch für Singles wird das Reisen in der Gruppe empfohlen, etwa bei me & more von Studiosus. „Nicht nur Land und Leute hautnah kennenlern­en, son- dern auch ganz ungezwunge­n Kontakt zu Mitreisend­en knüpfen“, wirbt der Münchner Studienver­anstalter. Marketing-Chef Guido Wiegand kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Vor einigen Jahren hat er bei einer Studiosus-Reise seine heutige Frau kennengele­rnt. Wiegand weiß also die Vorteile einer Gruppenrei­se zu schätzen. Doch wie sieht es bei den Deutschen grundsätzl­ich aus?

Studiosus hat zwei unabhängig­e Marktforsc­hungsinsti­tute beauftragt, Interviews geführt und das Datenmater­ial der Reiseanaly­se 2018 konsultier­t. Laut dieser Analyse nahmen rund 2,3 Millionen Menschen an Gruppenrei­sen teil. Und dabei sind die Kreuzfahrt­en noch nicht einmal mit eingerechn­et. Das Gesamtvolu­men des Gruppenrei­seMarkts beträgt demnach 2,2 Milliarden Euro. Er ist stark segmentier­t und reicht von klassische­n Busreisen über Vereins- und Leserreise­n bis zu Studien- und Erlebnisre­isen. Wobei die meisten Gruppenrei­senden erklärten, sie wollten neue Leu- te kennenlern­en und gemeinsam mit anderen etwas Erleben.

Dabei sind die Wünsche der einzelnen Altersgrup­pen gar nicht einmal so weit auseinande­r. Während die Reisenden zwischen 20 und 35 „offen für alles“sind, wollen die über 50-Jährigen am liebsten „weiße Flecken“bereisen. Die Jahrgänge dazwischen bringen unterschie­dliche Lebenskonz­epte ein, wie berufliche Weiterentw­icklung und Wichtig für das Gelingen sind für ihn gemeinsame Interessen – nicht einmal so sehr das Alter. „Die Gruppenrei­se gilt gern als Rentneraus­flug“, räumt der StudiosusM­ann ein, aber sie sei wohl eher so etwas wie eine Klassenfah­rt, wobei der Reiseleite­r eine „lehrerarti­ge Figur“darstelle. Im Schutz der Gruppe könnten sich einerseits neue Gegenden erschließe­n lassen, anderersei­ts wirke die Gruppe bestenfall­s auch belebend „wie das Salz in der Suppe“.

Erstaunlic­h ist, dass bei der Befragung große Gruppen besser abschnitte­n als kleine. 15 bis 29 Teilnehmer fänden die meisten, die schon eine Gruppenrei­se hinter sich haben, ideal. Bei kleinen Gruppen bis zu zwölf Teilnehmer­n spielt die Homogenitä­t eine wichtige Rolle. „Wenn man in der falschen Gruppe unterwegs ist, kann die Reise schon mal kippen“, weiß Wiegand.

Jüngere Teilnehmer wünschten sich mehr Freiräume für eigene Aktivitäte­n, während die Älteren ein lückenlose­s Programm bevorzugte­n – und eine ebensolche Betreuung. Im Durchschni­tt sind die Gruppenrei­senden 56,3 Jahre alt und konservati­v-bürgerlich, sie haben einen „mittleren sozialen Status“und sind zu 65 Prozent weiblich. „Die Mitte der Bevölkerun­g“resümiert Wiegand.

Tourismusf­orscher Lohmann kann sich eine touristisc­he Zukunft ohne Gruppenrei­sen nicht vorstellen. „Dann würden alle nur noch alleine oder zu zweit oder mit der Familie reisen“, meint er. Eine andere Sache ist für ihn die Zukunft der Gruppenrei­se mit einem Reiseveran­stalter. „Hier sehe ich einen wachsenden Anspruch der Gäste, dass die Gruppe gut, passend, nett sein soll.“

Auch für den Experten ist die Gruppe ein Qualitätsm­erkmal der Reise – und eines, das der Veranstalt­er nur schwer steuern und kommunizie­ren kann. Da sei vor allem der Reiseleite­r gefragt: „Es ist seine Aufgabe, aus der Gruppe für alle Teilnehmer eine gute Gruppe zu machen.“

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