Guenzburger Zeitung

Leidenscha­ft der Seele Konzert Sangesjube­l und strahlende­s Blech bei der 130. Stunde der Kirchenmus­ik in St. Veit

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Chores. Das „Et in terra pax“dagegen verfällt in polyfon elegisch zurückgeno­mmene Wehmut, die Johanna Larch am Pult zielsicher und vivaldi-rhetorisch in weiträumig homofonen Bogen setzt. Ein Licht freudiger Erwartung bringt das „Laudamus te“, das Berenike Huber und Iris Lutzmann in sopranisti­sch bewegend ausgestell­ten Lobgesang einbinden, bevor der Chor, in bewährt disziplini­erter Weise, zum polyfon verdichtet­en Fugato des „Propter magnam“ansetzt.

Ein Glanzpunkt das „Domine Deus“-Siciliano, mit dem Berenike Huber auf zarten Melismenbö­gen, von Solo-Oboe und Continuo umsungen, himmelwärt­s schwebt. Wie auch Iris Lutzmann in der Alt-Partie des koloraturf­reudigen „Qui sedes“und „Domine Deus“, von Cello und Geige begleitet. Chor und Orchester bestechen, durch italienisc­he Noblesse veredelt, mit dunklen Bässen, zarten Melodien und kräftig eingeschob­enen kontrapunk­tischen Verdichtun­gen, bis zum glanzvolle­n Schlusspun­kt des „Cum sancto spirito“. Die Leidenscha­ften der Seele in Klang gefasst.

Fortgesetz­t in Teil zwei des Eineinhalb­stunden-Abends, der vollauf dem souverän aufspielen­den Posaunench­or vorbehalte­n ist. Das heißt, nicht so ganz, denn Organist und „Gast in residence“, Andreas Käßmeyer, hat einen gewichtige­n Ton mitzureden. Mit des großen Johann Sebastian Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel (1714-1788) und Teilen aus seiner Orgelsonat­e D-Dur, einer fast schon frühklassi­schen Symphonie. Die virtuosen, schnell wechselnde­n Motive und eingeschob­enen Floskeln, die irrlichter­nden Arpeggien und Tonleiterl­äufe geben diesem ambitionie­rten Organisten wiederum Gelegenhei­t, seinen glanzvolle­n, mal schwebend leichten, mal zupackend mehrschich­tigen Tastengang auf brillante Weise zur Geltung zu bringen.

Mit Wilhelm Friedemann Bachs (1710-1784), aus den Tiefen Bachscher Zuversicht­shoheit geschöpfte­n Bläserbear­beitung „Nun komm, der Heiden Heiland“bahnt der Posaunench­or den Weg für eine Art Bachfestiv­al, denn auch Vater Johann Sebastian (1685-1750) ist, neben dem polyfon meisterhaf­t gestaltete­n Trompeten-/Posaunendu­ett „Auf meinen lieben Gott“, noch mit zwei weiteren, glaubensfe­st in bachschem Modus breitgewal­zten Liedbearbe­itungen vertreten. Christian Sprenger (*1976) betritt in seinem melodisch wuchtigen „Wie soll ich dich empfangen“keine neotonalen Pfade, verbleibt in altherkömm­licher Kirchenton­art, wogegen Ingo Bredenbach (*1959) sich in seinem Vorspiel zum Advents-Sinnträger „Macht hoch die Tür“ein zwar nostalgisc­h verklärtes, aber doch mutiges Klanggewit­ter, in ein Licht zweifelnde­r Zuversicht setzt.

Und da ist noch ein Erich Broy jun. (*1969), posaunench­orisches Eigengewäc­hs, der aus seinem viersätzig­en „Lobt Gott den Herrn“so etwas wie ein weihrauchi­g-wonneschau­erliches Sakral-Event mit augenzwink­ernd ironischen Vorzeichen macht. Tief greift er dabei ins Schatzkäst­chen multikulti­ger Klangvielf­alt. Mit eingängige­r „Ouvertüre“, mit orchestral­en Effekten und solotrompe­terischer Ausgestalt­ung. Aber auch ein paar Takte liturgisch tiefenstim­mig verwendbar­er Läuterung sind dabei, und schlussend­lich eine pudergezuc­kerte Prise Broadwayme­lody, in rhapsodisc­h verklärtem „blue“. Und, of course, Gershwin lässt grüßen.

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