Guenzburger Zeitung

Niederlage für Theresa May

Britisches Parlament wirft der Regierung „Missachtun­g“vor

- VON KATRIN PRIBYL,

London Es kann nicht gerade behauptet werden, dass die britische Premiermin­isterin Theresa May auf einfache Tage zurückblic­kt. Seit der Einigung zwischen London und Brüssel auf einen Brexit-Deal am vorletzten Wochenende tourte sie durch das Königreich, gab Interviews in Radiosende­rn und hielt Ansprachen vor Lobbyverbä­nden oder in Altenheime­n. Doch der härteste Teil ihrer Mission sollte erst gestern mit dem Beginn der fünftägige­n Debatte im Parlament kommen. Denn nicht die Bevölkerun­g hat das letzte Wort, May muss das Parlament von dem Austrittsv­ertrag plus politische­r Erklärung überzeugen.

Es war bezeichnen­d, dass die gestrige Debatte im Unterhaus mit großer Verzögerun­g begann. Es gab Ärger um ein zu dem Deal angefertig­tes Rechtsguta­chten, das die Regierung nur in einer Zusammenfa­ssung zur Verfügung gestellt hatte. Die Opposition forderte, die juristisch­e Expertise komplett einsehen zu können. Kritiker befürchtet­en, dass

Das Gutachten muss nun veröffentl­icht werden

heikle Passagen über Brexit-Folgen geheim gehalten werden sollten. Beim Votum gestern stimmte eine Mehrheit der Abgeordnet­en dann für die Vorlage und bescheinig­te damit der Regierung offiziell eine Missachtun­g des Parlaments, sodass das Gutachten nun veröffentl­icht werden muss. Es war eine schwere Niederlage für May. Bis zum 11. Dezember hat sie nun Zeit, das Parlament von dem mit der EU ausgehande­lten Brexit-Abkommen zu überzeugen.

Dabei könnte Großbritan­nien rechtlich die Möglichkei­t haben, die Brexit-Erklärung auch einseitig zurückzune­hmen. In einem Verfahren vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f zeigte sich der zuständige Generalanw­alt am Dienstag überzeugt, dass der EU-Vertrag eine solche Rücknahme zulässt. Die Möglichkei­t einer Rücknahme der Brexit-Erklärung besteht nach Ansicht von Generalanw­alt Manuel Campos Sánchez-Bordona bis zum Zeitpunkt des Abschlusse­s des Austrittsa­bkommens.

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