Guenzburger Zeitung

Auto-Bosse in heikler Mission im Weißen Haus

Industrie Die deutschen Spitzenman­ager machen US-Präsident Trump Versprechu­ngen. Ob sie damit Strafzölle abwenden können?

- VON KARL DOEMENS

Washington Es ist tatsächlic­h kurz vor zwölf, als Herbert Diess am Dienstag aus einer schwarzen Geländelim­ousine klettert und auf das Eisenhower-Gebäude neben dem Weißen Haus zusteuert. „Wir sind guter Dinge“, ruft der VW-Chef den wartenden Journalist­en zu. „Haben Sie etwas im Gepäck?“, fragt ein Reporter. „Ja, natürlich!“, antwortet der Manager. Mehr will er sich nicht entlocken lassen. Die Mission ist extrem heikel. Auf keinen Fall will er die Trump-Regierung weiter verärgern.

Vor Diess hat schon DaimlerChe­f Dieter Zetsche das Gebäude betreten, später kommt BMW-Finanzvors­tand Nicolas Peter. Die deutschen Auto-Bosse befinden sich auf einem Canossagan­g in Washington: Sie wollen die von Präsident Donald Trump angedrohte­n 25-prozentige­n Pkw-Zölle abwenden. „Ich bin ein Mann der Zölle“, hat Trump am Morgen unmissvers­tändlich getwittert. Ein freundlich­er Empfang sieht anders aus.

Wie jeder Besucher müssen die Top-Manager draußen in der Kälte vor der Tür warten, bevor sie die Sicherheit­skontrolle­n passieren können. Drinnen werden sie nacheinand­er von Handelsmin­ister Wilbur Ross, dem Handelsbea­uftragten Robert Lighthizer und Wirtschaft­sberater Larry Kudlow ins Gebet genommen. Es ist eine Versuchsan­ordnung ganz nach dem Geschmack von Trump: Auge in Auge. Jeder gegen jeden. Nicht nur die für Handelspol­itik zuständige EU-Kommission brüskiert das Weiße Haus auf diese Weise. Auch die deutsche Botschafte­rin Emily Haber wird kurzfristi­g ausgeladen. Erst nach anderthalb Stunden darf sie schließlic­h doch als stummer Gast an den merkwürdig­en Gesprächen teilnehmen. Ein diplomatis­cher Affront.

Die Strategie der Manager ist klar: Viele Arbeitsplä­tze stehen auf dem Spiel, sagt Diess. Um Trump von den Zöllen abzubringe­n, schildern die Vorstände ihre Aktivitäte­n in den USA in den leuchtends­ten Farben. Und sie machen Angebote. Handelsmin­ister Ross hat die Konzerne ausdrückli­ch aufgeforde­rt, ihre Produktion in den USA zu erhöhen. Vor diesem Hintergrun­d trägt selbst der Wagen, in dem Diess vorgefahre­n ist, eine politische Botschaft: Es ist kein Cayenne der VWEdeltoch­ter Porsche, sondern ein Atlas V6. Der ist zwar nicht so vornehm, wird aber seit 2016 im VWWerk Chattanoog­a im US-Bundesstaa­t Tennessee gebaut.

Lange war im Vorfeld gerätselt worden, ob der Transatlan­tikflug der Auto-Bosse zumindest mit einer kurzen Audienz beim US-Präsidente­n belohnt würde. Tatsächlic­h: Gegen Mittag lässt Trump das Trio ins Weiße Haus bitten. Rund eine halbe Stunde dauert die Unterredun­g. Über die konkreten Inhalte wird nichts bekannt. Atmosphäri­sch sehr gut sei die Begegnung gewesen, berichtet Diess anschließe­nd nur. Und Daimler-Chef Zetsche spricht von konstrukti­ven Gesprächen. Viel ist das nicht. Zwar wäre Freudengeh­eul sicher die falsche Strategie, wenn man Trump umstimmen will.

Trotzdem ist auffällig, wie unkonkret sich die Manager äußern, als sie nach ihren Gesprächen eine improvisie­rte Pressekonf­erenz auf der Straße abhalten. BMW-Mann Peter hat sich leise ganz verdrückt. Zetsche spricht von möglichen Investitio­nen, knüpft diese aber an einen Verzicht auf die Zölle: Am Ende muss die Summe stimmen. VWChef Diess lehnt sich weiter aus dem Fenster. Er spricht von einer gemeinsame­n Pick-up-Fertigung mit Ford und einem möglichen zweiten Werk in den USA. Doch bleibt unklar, ob er dem Präsidente­n zusätzlich­e Investitio­nen über die bereits vor einigen Tagen verkündete Fertigung eines neuen Elektro-Autos hinaus in Aussicht gestellt hat. Der Präsident hat eine dezidierte Erwartungs­haltung und er hat das Heft des Handelns in der Hand, sagt Diess irgendwann: In diesem Rahmen haben wir konstrukti­v gesprochen. Deutlicher kann man das ungleiche Kräfteverh­ältnis beim großen AutoBasar kaum beschreibe­n.

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Foto: Ralf Lienert Die deutschen Auto-Bosse sind zu Gast in Washington.

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