Ausgezaubert?
Fußball Lange Zeit galt Mesut Özil in Nationalmannschaft und Verein als unverzichtbar. Nach seinem aufsehenerregenden DFB-Aus steht er jetzt auch beim FC Arsenal auf der Kippe
London Unai Emery war kurz angebunden. Der Arsenal-Trainer hatte keine Lust, Fragen zu Mesut Özil zu beantworten. „Er hat Rückenschmerzen“, sagte Emery nach dem starken 4:2-Sieg seines Teams gegen Tottenham Hotspur, bei dem der deutsche Ex-Nationalspieler erneut im Arsenal-Kader gefehlt hatte. Wann er sich die zugezogen habe? „Ich weiß nicht.“Ob Özil das Spiel im Stadion verfolgt habe? „Ich weiß nicht.“Er wolle viel lieber über die Elf sprechen, die auf dem Platz gestanden habe, betonte Emery. Auf Özil scheint der Spanier derzeit nicht mehr zu setzen.
Britische Medien spekulierten schon über einen vorzeitigen Abschied nach Italien. Laut dem Boulevardblatt zeigt Inter Mailand Interesse an Özil, der seinen Vertrag in London Anfang des Jahres bis Juni 2021 verlängert hatte. „Wenn man sich den Teamgeist gegen die Spurs anschaut, dann können sie gut ohne ihn weitermachen“, schrieb die Zeitung. Ein Wechsel im Winter sei jedoch kein Thema.
Der und Arsenal-Promi-Fan Piers Morgan monierte, Özil habe „mehr Krankschreibungen als sonst irgendjemand in der Geschichte der Krankschreibungen“. Doch angesichts der wenig überzeugenden Antworten von Emery fühlen sich die ÖzilSkeptiker in ihrer These bestätigt, sein Verhältnis zum Trainer sei stark angeknackst.
Die Gerüchte sind nicht neu. Als Özil am dritten Spieltag im Derby gegen West Ham United (3:1) krankheitsbedingt fehlte, hatten britische Medien erstmals über einen Streit zwischen Spieler und Trainer spekuliert, obwohl Emery damals insistierte, Özil sei krank ge- wesen. Und Özil kam zurück. Als Kapitän zeigte er einige starke Auftritte, zum Beispiel beim 3:1 gegen Leicester City, wo er mit seinem 30. Tor nebenbei zum alleinigen deutschen Rekord-Torschützen der Premier League wurde.
Doch jetzt wirkten Emerys Worte weniger überzeugend. Denn schon in der Vorwoche beim AFC Bournemouth (2:1) hatte er den 30-Jährigen auf der Bank gelassen. Seine Begründung klang wie eine verbale Ohrfeige für Özil: „Wir haben uns überlegt, wie wir uns in diesem Match, einem sehr anstrengenden Spiel mit Körperlichkeit und Intensität, besser präsentieren können“.
Während die Özil-Fans seine Genialität loben, monieren seine Kritiker mangelnde Konstanz. In großen Spielen, so hört man oft, würde Özil, der unter Emerys Vorgänger Arsène Wenger eine Startelf-Garantie genoss, untertauchen. TV-Experte Gary Neville ging nach dem Derbysieg noch weiter: „Einen solchen Auftritt von Arsenal bekommt man mit Özil im Team nicht.“
Am Mittwoch bei Manchester United wird Özil wohl verletzungsbedingt auch nicht im Kader stehen. Solange sich der Tabellenvierte in Topform präsentiert, wird es ohnehin schwer werden, einen Platz im Team zu erobern. Nach dem Sieg gratulierte Özil seinen Mannschaftskollegen auf Twitter. „Was für ein Auftritt der jungen (Spieler) heute. Die Zukunft sieht rosig aus.“Ob Özil in dieser Zukunft eine Rolle spielt, ist völlig offen.
Die Stammplatzgarantie der letzten Jahre ist abgelaufen