Ein Unterkiefer wie ein Fleischerhaken
In Bayern ist das Fossil eines höchst ungewöhnlichen Tieres gefunden worden. Forscher sprechen von einer Killerschildkröte. Was die Art so besonders macht
Denkendorf Gemeinhin ist das ja so: Wenn man an eine Schildkröte denkt, dann an ein eher gemächliches, langsames, ein bisschen träges und harmloses Tier, das im warmen Türkisblau der Karibik so vor sich hin schwimmt, hier und da ein bisschen Seegras kaut. Umso überraschender ist die Ankündigung des Dinosaurier Museums Altmühltal: Dort gibt es ab dem dritten Advent eine einzigartige Killerschildkröte – so schreibt es das Museum in einer Pressemitteilung – zu sehen. Es handle sich um eine bisher völlig unbekannte Gattung. Gefunden wurde das Fossil schon vor einigen Jahren in einem Steinbruch in Niederbayern. Nach einer aufwendigen Präparation können Urzeit-Interessierte das Fossil nun bewundern.
Killerschildkröte? Frederik Spindler, der wissenschaftliche Leiter des Museums, erklärt, wie das Fossil zu seiner martialischen Bezeichnung kam: „Der Unterkiefer ist wie ein Fleischerhaken nach oben gebogen“, sagt er. „Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Tier um einen Fleischfresser handelte. Der Unterkiefer war eine Jagdwaffe und könnte wie ein Dolch verwendet worden sein.“Für Spindler ist der Fund des Fossils, das etwa 150 Millionen Jahre alt ist, eine Sensation. „Ich kenne keine Schildkröte im Jura, die größer ist. Das ist, ohne Übertreibung, einzigartig in der Welt und wird in der Schildkrötenforschung Aufsehen erregen“, sagt Spindler. Er glaubt, dass das Fossil des etwa 75 Zentimeter langen Tieres bei der Erforschung der Evolutionsgeschichte der Schildkröten eine Schlüsselrolle spielen dürfte.
Um mehr über die Lebensweise der ungewöhnlichen Killerschildkröte herauszufinden, könnte nach Angaben des Museums die Magengegend des Tieres untersucht werden. In einigen Jura-Schildkröten wurden bereits Stacheln von Seeigeln gefunden – das besonders kräftige Exemplar, das künftig im Dinosaurier Museum zu sehen ist, könnte aber noch weitaus größere und wehrhaftere Beute getötet haben. „Wie sie genau lebte, das wissen wir derzeit noch nicht“, sagt Spindler. Vielleicht werden bald aber viele bisher offene Fragen beantwortet.
ODas Dinosaurier Museum liegt in Denkendorf (Kreis Eichstätt). Es ist im Winter täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet.