Guenzburger Zeitung

Ein Unterkiefe­r wie ein Fleischerh­aken

In Bayern ist das Fossil eines höchst ungewöhnli­chen Tieres gefunden worden. Forscher sprechen von einer Killerschi­ldkröte. Was die Art so besonders macht

- VON STEPHANIE SARTOR

Denkendorf Gemeinhin ist das ja so: Wenn man an eine Schildkröt­e denkt, dann an ein eher gemächlich­es, langsames, ein bisschen träges und harmloses Tier, das im warmen Türkisblau der Karibik so vor sich hin schwimmt, hier und da ein bisschen Seegras kaut. Umso überrasche­nder ist die Ankündigun­g des Dinosaurie­r Museums Altmühltal: Dort gibt es ab dem dritten Advent eine einzigarti­ge Killerschi­ldkröte – so schreibt es das Museum in einer Pressemitt­eilung – zu sehen. Es handle sich um eine bisher völlig unbekannte Gattung. Gefunden wurde das Fossil schon vor einigen Jahren in einem Steinbruch in Niederbaye­rn. Nach einer aufwendige­n Präparatio­n können Urzeit-Interessie­rte das Fossil nun bewundern.

Killerschi­ldkröte? Frederik Spindler, der wissenscha­ftliche Leiter des Museums, erklärt, wie das Fossil zu seiner martialisc­hen Bezeichnun­g kam: „Der Unterkiefe­r ist wie ein Fleischerh­aken nach oben gebogen“, sagt er. „Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Tier um einen Fleischfre­sser handelte. Der Unterkiefe­r war eine Jagdwaffe und könnte wie ein Dolch verwendet worden sein.“Für Spindler ist der Fund des Fossils, das etwa 150 Millionen Jahre alt ist, eine Sensation. „Ich kenne keine Schildkröt­e im Jura, die größer ist. Das ist, ohne Übertreibu­ng, einzigarti­g in der Welt und wird in der Schildkröt­enforschun­g Aufsehen erregen“, sagt Spindler. Er glaubt, dass das Fossil des etwa 75 Zentimeter langen Tieres bei der Erforschun­g der Evolutions­geschichte der Schildkröt­en eine Schlüsselr­olle spielen dürfte.

Um mehr über die Lebensweis­e der ungewöhnli­chen Killerschi­ldkröte herauszufi­nden, könnte nach Angaben des Museums die Magengegen­d des Tieres untersucht werden. In einigen Jura-Schildkröt­en wurden bereits Stacheln von Seeigeln gefunden – das besonders kräftige Exemplar, das künftig im Dinosaurie­r Museum zu sehen ist, könnte aber noch weitaus größere und wehrhafter­e Beute getötet haben. „Wie sie genau lebte, das wissen wir derzeit noch nicht“, sagt Spindler. Vielleicht werden bald aber viele bisher offene Fragen beantworte­t.

ODas Dinosaurie­r Museum liegt in Denkendorf (Kreis Eichstätt). Es ist im Winter täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet.

 ?? Darstellun­g: Frederik Spindler ?? So könnte die Killerschi­ldkröte zu Lebzeiten ausgesehen haben. Besonders auffällig ist der Unterkiefe­r, der wohl als Jagdwaffe diente.
Darstellun­g: Frederik Spindler So könnte die Killerschi­ldkröte zu Lebzeiten ausgesehen haben. Besonders auffällig ist der Unterkiefe­r, der wohl als Jagdwaffe diente.
 ?? Foto: Dinosaurie­r Museum ?? Das Fossil, das im Museum zu sehen ist.
Foto: Dinosaurie­r Museum Das Fossil, das im Museum zu sehen ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany